Richter, Bernhard (Hg.)

Die Stimme

Grundlagen, Künstlerische Praxis, Gesunderhaltung

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Henschel, Leipzig 2013
erschienen in: üben & musizieren 3/2013 , Seite 56

Eigentlich ist es spektakulär: des Menschen ältestes Musikinstrument. Das älteste hörbare, inhaltlich klar formulierungsfähige  Kommunikationsmittel. Das emo­tional berührendste Ausdrucksmedium, das die Menschen zur Verfügung haben. Alles Superlative für etwas, von dem sehr viele Menschen Gebrauch machen, ohne es zu pflegen, ohne etwas darüber zu wissen, ohne sich je Gedanken darüber zu machen. Sie ist halt da. Man hat sie eben. Die Stimme. Oder?!
Auf nur 240 Seiten ein umfangreiches, für „jeden Stimminteressierten – ob Sänger, Schauspieler, Sprecher bzw. Logopäde, Stimmtherapeut oder Arzt“ (so der Herausgeber) – gleichermaßen verständliches Werk zu erstellen, das die Stimme aus den verschiedensten Blickwinkeln beleuchtet, ohne dabei wichtige Aspekte auszusparen, ist wohl ein sehr ehrgeiziges Anliegen. Es ist jedoch gelungen, denn Richter hat ein fulminantes Team an kompetenten AutorInnen aus den verschiedensten medizinischen, künstlerischen und pädagogischen Bereichen zusammen­gestellt, die sehr klar die Kernaussagen ihrer jeweiligen Spe­zialdisziplinen auf den Punkt zu bringen wissen. Dass sich dabei auch unterschiedliche Perspektiven und Schwerpunktsetzungen ergeben, liegt in der Natur der Sache, ist aber bei diesem hervorragenden Arbeits- und Nachschlagewerk irrelevant.
Bereits im Inhaltsverzeichnis zeigt sich, wie sauber gedanklich gearbeitet wurde: In der Systematik des Aufbaus vom historischen Blick über „die Grundlagen der Stimme“, „Aspekte der Methoden zur Darstellung, Analyse und Beurteilung von Stimmen“, „psychologische Aspekte in Ausbildung und Beruf“ bis hin zur „Gesunderhaltung“ der Stimme – in jedem Abschnitt überzeugt die Klarheit der Formulierung, erleichtern Querverweise das Vernetzen, runden schlüssige Zusammenfassungen das Gelesene ab.
Setzt man sich mit den einzelnen Kapiteln auseinander, so fällt auf, dass die Informationen sehr kompakt und schnörkellos formuliert sind, dabei aber durch immer wieder eingestreute Zitate aus diversen Quellen – von der Bibel bis hin zur teilweise kabarettistischen Lyrik à la Kästner und natürlich von SängerInnen – aufgelockert und illustriert werden.
Dieses Buch ist sicher für die von Richter eingangs benannten Adressatengruppen von großem Interesse. Es ist trotz des „Entwurfs eines Mustercurriculums“ und kompakter Arbeitstipps kein Lehrwerk, sondern ein Nachschlagewerk, das die Augen für die ungeheure Komplexität der Stimme öffnet und durch die Dichte der Informationen einen exzellenten Hintergrund bietet, sich detailliert weiter in die Materie einzuarbeiten.
Christina Humenberger