@ Matthias Krebs

Krebs, Matthias

Digitales Instrumentarium

Die Musikapp als zukünftiges Instrument in der Musikschule

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 1/2018 , Seite 40

Könn(t)en Musikapps als vollwertige Musikinstrumente in einer neuen Fachgruppe “Digitale Musikinstru­mente” an Musikschulen ihren Platz haben oder stellen sie eher eine Bedrohung für das ernsthafte Musi­zieren dar? Ein Diskussionsbeitrag von Matthias Krebs.

Als eines der momentan prominenten Symbole des Informationszeitalters haben sich Apps in vielen Alltagsbereichen etabliert. In der Regel werden sie mit einer einfacheren Bewältigung des Alltags und mit dem Konsum von Unterhaltungsangeboten aller Art assoziiert. Dass auch eine Unmenge von „Kreativapps“ existiert, mit denen NutzerInnen sich ästhetisch gestalterisch ausdrücken können, wird häufig nicht weiter betrachtet. Neben recht verbreiteten Foto- und Videoapps gibt es auch solche für den musikalischen und musikpädagogischen Bereich, die über Hilfsmittel wie Metronom- und Stimmapps hinausgehen. Sowohl für Einsteiger als auch für Profis gibt es eine breite Auswahl an Apps, die als Musikinstrumente und Produktionstools verwendet werden können.
An Musikschulen trifft man auf eine ambivalente Einstellung zu Musikapps: Einerseits sieht man die positiven Aspekte der Verwendung von einfachen Hilfsapps (wie Metronom, Aufnahmegerät usw.), andererseits wird das riesige Angebot als unübersichtlich empfunden und auch die Intensität, mit der sich Kinder und Jugendliche mit Apps beschäftigen, häufig kritisch betrachtet. Dazu kommt, dass die medialen Angebote auch ­eine Konkurrenz zum Musikschulunterricht darstellen könnten.
In den App-Stores für iOS und Android sind zusammen mittlerweile mehr als 50000 Musikapps verfügbar,1 die durch eine unglaubliche Vielfalt von verschiedenen Herangehensweisen, Funktionen und Inhalten gekennzeichnet sind. Daher sind die Erfahrungen mit Musikapps sehr unterschiedlich und verallgemeinernde Aussagen entsprechend unspezifisch.
Prinzipiell bestehen Unterschiede hinsichtlich der anvisierten Zielgruppe und Funktionstiefe, bezüglich des Bedienkonzepts und der Interfacegestaltung, bezüglich der Individua­lisierungsmöglichkeiten, der Konnektivität, des Exports von Eigenkreationen etc. Selbst Apps, die für einen ähnlichen Anwendungsbereich konzipiert sind, trennen oft Welten, was Klangqualität und Bedienkomfort angeht, sodass letztlich nur nach persönlichem Geschmack, künstlerischer Intention oder pädagogischem Ziel entschieden werden kann, welche „die richtige“ ist. Einsteige­rInnen wünschen sich deshalb häufig eine Übersicht.2

Kategorien

Eine grobe Orientierung bietet die Einteilung in folgende vier Kategorien:
– Apps zum Konsumieren, darunter Player- und Streamingapps, mit denen man auf den Geräten gespeicherte oder über das Internet verfügbare Musik, Konzertangebote oder Tutorials abspielen kann.
– Apps, die als Hilfsmittel das Musizieren unterstützen, indem sie als Notenmappe, Met­ronom und Begleitautomatik verwendet werden können, darunter auch Lern- und Trainingsapps, z. B. zur Gehörbildung.
– Apps, mit denen man Komponieren und Musik produzieren kann, darunter Apps zur Tonaufnahme, zum Arrangieren und zur Klang­bearbeitung (Effektgeräte, Sampler, Drumcomputer usw.).
– Apps zum instrumentalen Musizieren, die das Mobilgerät in ein Musikinstrument verwandeln und Funktionen bieten, um in Echtzeit rhythmische, melodische, harmonische und klangliche Strukturen zu spielen und zu modifizieren.

1 Laut einer Studie von Thor Kell und Marcelo M. Wanderley an der McGill University wurden allein im App-Store von Apple Anfang 2014 38750 Musikapps gezählt. Auch wenn die Anzahl an Musikapps für Android nicht ganz so hoch ist, kann davon ausgegangen werden, dass das Gesamtangebot an mobiler Musiksoftware bis heute noch deutlich gewachsen ist.
2 Fachblogs, Themengruppen auf Facebook und YouTube-Kanäle bieten vielfältige Empfehlungen für spezialisierte Apps; siehe z. B. www.musik-mit-apps.de/ressourcen

Lesen Sie weiter in Ausgabe 1/2018.