Weber, Carl Maria von

Divertimento

für Gitarre und Klavier C-Dur op. 38, hg. von Claudia Theis

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2015
erschienen in: üben & musizieren 2/2016 , Seite 60

Das Divertimento für Gitarre und Klavier von Carl Maria von Weber, komponiert 1814 bis 1817, gehört zu den wenigen Werken für Gitarre jener Zeit, die der Name eines prominenten Komponisten ziert. Entwicklungen im Instrumentenbau haben bei Tasteninstrumenten zu den Differenzierungsmöglichkeiten eines Piano-forte-Spiels geführt und die Laute verlor ihre Vorrangstellung gegenüber dem dynamisch starren Cembalo. Komponisten gründeten ihre praktischen musikalischen Erfahrungen immer mehr auf dem Klavier. Die intimen Klangreize der Lautennachfolgerin Gitarre konnten in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zwar ein Publikum ungeahnten Ausmaßes gewinnen und zahllose Dilettanten befeuern, aber den im Klavier beheima­teten Komponisten ersten Ranges blieb die Idiomatik des Inst­ruments weitgehend verschlossen. Da half, wie etwa Beet­hovens Skizzen dokumentieren, alles Wollen nichts.
Weber erging es nicht anders. Das Divertimento, sein einziges kammermusikalisches Werk mit Gitarre, zeigt einen Gitarrensatz, der eigentlich nur zwei Satzbilder kennt: Arpeggi oder Sololinien. Entweder bricht der Gitarrist Akkorde, dabei die Hauptstimme im Klavier begleitend, oder er spielt einstimmig melodisch. Dass Weber die Instrumente im Vortrag von Melodie und Begleitung stets alternieren lässt, spitzt die Sache zu. Die Textur gerät so stereotyp und kontrapunktisch karg. Anleihen beim komplexen und differenzierenden Gitarrensatz eines Giuliani, welchen Weber am Pult, durchaus beeindruckt, bei einem seiner Konzerte für Gitarre und Orchester begleitet hat, finden sich keine.
Edition und Drucklegung lassen nichts zu wünschen übrig. Das Werk erscheint bei Schott in der Reihe Gitarren-Archiv, obwohl die Komposition das Klavier bevorzugt behandelt. Die praktische Ausgabe folgt der Gesamtausgabe (mit einem Vorwort der Herausgeberin). Die formalen Strukturen der vier Sätze (Andante con moto, Walzer Allegro, Andante con Variazioni, Polacca) sind schlicht (Reihenformen); die Tempofolge hält sich an die italienische Kammersonate (lang­sam und schnell im doppelten Wechsel); die Tonartenwahl beschränkt sich auf C-Dur und angrenzende Quint- und Terzverwandte; auch innerhalb der Sätze bestimmen Tonika- und Dominantwechsel weitgehend die harmonischen Verläufe.
Wer sich in C-Dur und G7-Wechseln wohl und aufgehoben fühlt, mag an Webers Divertimento Gefallen finden. Wer aber auf der Suche nach einem Duo für Klavier und Gitarre ist (und über die Problematik einer solchen kammermusikalischen Kombination sei hier kein Wort verloren), welches ein öffentliches Konzertieren füllt und trägt, wird enttäuscht werden.
Anton Förster