Rensburg, Jacques
Drei Stücke op. 2
für Violoncello und Klavier
Ein undatiertes Foto zeigt ihn „stachellos“: Jacques Rensburg (1846-1910) hat – wie viele Kollegen seiner Generation – das Cellospiel noch auf die alte Art erlernt. Zwar setzte sich die bequeme Stütze ab der Mitte des 19. Jahrhunderts immer mehr durch und große Teile der später entstandenen Virtuosenliteratur wären in althergebrachter Kniegeigen-Haltung unausführbar. Rensburg indes gehörte nicht zu jenen Cellisten, die in Post-Paganini-Manier die Grenzen ihres Instruments mittels halsbrecherischer Etüden oder Virtuosenstücke zu erweitern trachteten. Sein musikalisches Leben verlief ruhiger: In Rotterdam geboren, übersiedelte er 1867 nach Köln, wurde Mitglied des Gürzenich-Orchesters, musizierte im Streichquartett und unterrichtete an der Rheinischen Musikschule.
Nach einer gesundheitlichen Krise kehrte er 1874 zurück in seine Geburtsstadt und arbeitete dort im elterlichen Bankmetier. 1880 wurde er Teilhaber der in Bonn ansässigen Kaffeerösterei Zuntz. Erneut zog er um ins Rheinland und führte fortan an der gutbürgerlichen Poppelsdorfer Allee ein offenes Haus, in dem Größen wie Johannes Brahms, Joseph Joachim und Pablo de Sarasate zu Gast waren. Hier nahm Rensburg auch seine Konzerttätigkeit als Kammermusiker wieder auf, er begründete die „Populären Kammermusik-Soiréen“ und gehörte zu den Förderern des Bonner Beethoven-Hauses, das 1893 als Gedenkstätte eingeweiht wurde – unter anderem durch das illustre Trio Carl Reinecke, Joseph Joachim und Jacques Rensburg.
Nur wenige Kompositionen Rensburgs sind bekannt, darunter die hier neu aufgelegten Drei Stücke op. 2, die 1889/90 erstmals erschienen. Rensburgs Urenkelin ist zu danken, dass die stets um originelle Repertoire-Bereicherungen bemühte Edition Ponticello die romantischen Petitessen – ihre Titel lauten „Junge Liebe“, „Bangen“ und „Beruhigung“ – ins Programm genommen hat.
Eine konservative („stachellose“) Grundhaltung eignet den Stücken unüberhörbar: In nach-wagnerischen Zeiten komponierte Rensburg ganz im Stil Mendelssohns, das Hauptthema von „Bangen“ mutet an wie ein Beinahe-Zitat aus Mendelssohns Lied ohne Worte op. 109. Alle drei Stücke sind getragen vom Streben nach ungetrübter Cello-Herrlichkeit. Die nicht übermäßig schwierigen, im Duktus von Liedbegleitungen gehaltenen Klavierparts sind darauf ausgelegt, des Cellos kantable Linien bestmöglich zu stützen – ein legitimes Ziel, angesichts mancher Cellostücke des 19. Jahrhunderts, die am „dicken Klaviersatz“ leiden!
Die technischen Anforderungen an die Cellistin bzw. den Cellisten sind überschaubar: Das zweigestrichene d wird nicht überschritten, weder vertrackte Doppelgriffe noch rasende Sechzehntel „stören“ die Reise auf den Flügeln des Gesangs.
Um Fortgeschrittene in die Welt von „Romantik pur“ einzuführen, sind Rensburgs Stücke mithin bestens geeignet. Und vielleicht gelingt es einfühlsamen LehrerInnen, die Sinne ihrer ElevInnen für „Junge Liebe“, „Bangen“, „Beruhigung“ zu wecken?
Gerhard Anders