Schmidt, Emanuel

Drei Volkslieder

für 1–2-stimmigen Kinderchor, Flöte, 2 Violinen, Viola und Violoncello und/oder Klavier, Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Carus, Stuttgart 2013
erschienen in: üben & musizieren 1/2014 , Seite 54

Deutsche Volkslieder nicht zum Mitsingen, sondern zum Vorführen – auch dies ist eine wichtige Möglichkeit, der Vernachlässigung der Pflege dieses Genres zu begegnen. Für den ausführenden Kinderchor liegen die Anforderungen hier kaum in der Mehrstimmigkeit (nur eines der drei Lieder ist zweistimmig gesetzt) als in der Koordination mit einem Instrumental­ensemble.
Eingefasst durch aus der Melodie entwickelte Zwischenspiele erscheinen die sechs Strophen von Wenn die Bettelleute tanzen in einem harmonisch zuweilen etwas gesuchten Gewand, die der Melodie inhärente Funktionsharmonik lässt sich kaum überwinden. Die Tonart D-Dur bringt zwar eine helle Farbe, ist jedoch für die untere Chor- sowie die Flötenstimme recht tief.
Ach, bin ich nicht ein armer Mann wurde von Emanuel Schmidt formal geschickt bearbeitet, die dritte Strophe hebt sich durch eine zweistimmig bzw. unisono geführte Begleitung von den ersten beiden ab, die abschließende Strophe bringt dann eine Synthese. Das freche Vorspiel stimmt treffend in den Charakter des Liedtexts ein.
Uhlands Ballade Jung Siegfried trägt eigentlich den Titel Siegfrieds Schwert. Die ungewöhn­licherweise siebentaktige Volksliedmelodie böte nur die Möglichkeit eines Strophenliedes, der Schmidt mit dem Hinzukomponieren einer zweiten Melodie entgegenwirken möchte. Diese zeigt jedoch zu wenig motivische Bezüge zur Vorlage, geht auf die Siebentaktigkeit nicht ein und verstößt mit dem dominantischen Ende gegen die Konvention. Ein marschartiges Motiv im Instrumentalpart erinnert an den frühen Mahler, es steht für die Stärke des schwertschmiedenden Helden.
In einer konzertanten Aufführung werden diese drei Lieder ihre Wirkung nicht verfehlen, der Instrumentalpart sorgt für die nötige Aufmerksamkeit. Die Flötenstimme erzeugt eine nicht immer passende klangliche Süße, die Streicher könnten je nach Größe des Kinderchors gegebenenfalls auch chorisch besetzt werden, umgekehrt wäre auch ein solistischer Gesang denkbar.
Informierende und erläuternde Hinweise fehlen in dieser Ausgabe völlig – schade insofern, als dass sich durch die zeitliche Distanz nicht alle Inhalte sofort erschließen. So sind z. B. die besungenen Bettelleute vermutlich auf umherziehende Versehrte aus den Befreiungskriegen zurückzuführen. Der Bruch in der deutschen Geschichte hat die Kontinuität in der Volksliedüberlieferung aufgehoben, Volkslieder sind überwiegend nur noch als historische zu singen und zu hören. Eine Instrumentalbearbeitung wie diese kann hierzu einen Beitrag leisten.
Christian Kuntze-Krakau