Rota, Nino

Due Valzer sul nome BACH

per pianoforte

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2016
erschienen in: üben & musizieren 4/2017 , Seite 54

Beim Namen Nino Rota denkt man unwillkürlich erst einmal an den Bereich des Kinos. Denn der 1911 in Mailand geborene Komponist wurde vor allem mit seiner Musik zu Francis Ford Coppolas Streifen Der Pate berühmt. Doch trotz seiner insgesamt 138 Partituren zu Filmen von Regisseuren wie Luchino Visconti, Franco Zeffirelli und vor allem Federico Fellini betrachtete sich Nino Rota sein Leben lang selbst vor allem als „klassischen Komponisten“.
Sein entsprechendes Œuvre umfasst zehn Opern, 23 Ballett- und Bühnenmusiken, drei Sinfonien und zahlreiche Solokonzerte sowie Kammer-, Klavier- und Chormusik, ist allerdings in der heutigen Konzertpraxis nur wenig verankert.
Die vorliegende Edition präsentiert zwei im Jahr 1975 komponierte Klavierstücke Nino Rotas: die Due Valzer sul nome BACH. Das bekannte Tonbuchstabenmotiv B-A-C-H ist freilich in deren Notentext jeweils gut versteckt: Im ersten Walzer findet es sich (als fallende Linie c-h-b-a) in umfangreichere chromatische Skalen eingebettet und erklingt nur in einer Überleitungspassage einmal in originaler Reihenfolge und Tonhöhe. Im zweiten wird es in einem Motivgeflecht aus steigenden Nonen entwickelt (z. B. a-b’-h’-c”’).
Die beiden Klavierstücke (denen in Rotas Autograf noch das Fragment eines dritten folgt) sind im Charakter deutlich voneinander abgehoben: der anfängliche Circus-Walzer als grotesk-überdreh­te Nummer im „Allegrissimo“ (mit der Tempoangabe 96-112 für einen Dreivierteltakt), der fol­gende Valzer-Carillon im „Tempo di Valzer viennese“ (ohne Metronimisierung) offenbar gemäch­licher dahin schlendernd.
Beide Stücke stellen, von der Rasanz des ersten einmal abgesehen, keine übertriebenen pianistischen Anforderungen. Die Musik bleibt trotz einzelner dissonanter Schärfungen und einiger weniger kleinräumiger Cluster­effekte tonal gebunden, wobei ihr Walzer-Charakter vor allem im zweiten Stück durch die Begleitungsstereotype stets erkennbar ist. Der Klaviersatz ist durchsichtig gehalten und gewinnt an Farbigkeit durch Ausnutzen und Kontrastieren unterschiedlicher Oktavlagen.
Bezeichnend für Nino Rotas Schaffen: Wurden diese beiden Walzer auch als reine Instrumentalkompositionen verfasst, so fanden sie doch bald eine andere Zweckbestimmung. Zur Zeit ihrer Entstehung bat der Regisseur Federico Fellini, der gerade Casanova drehte, Nino Rota um Musikstücke, die er für seinen Film verwenden könne. Rota stellte Fellini die beiden gerade vollendeten Due Valzer sul nome BACH zur Verfügung, die in die Filmmusik einflossen und dort sogar eine tragende Rolle erhielten.
Gerhard Dietel