Freytag, Martina

Einsingen zu zweit

Vokaltraining im Dialog, mit Audio-CD

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Bosse, Kassel 2013
erschienen in: üben & musizieren 1/2014 , Seite 47

Vor Höchstleistungen muss man sich warm machen – das gilt im Sport wie auch beim Musizieren. Hier bildet wohl kein Instrument eine ernsthafte Ausnahme, die Stimme ganz besonders nicht. Doch verlangt es schon ein gehöriges Maß an Selbstdisziplin, zuerst die unbeliebten, aber un­umgäng­lichen Tonübungen zu machen. Hier jeder Übung bereits Konzertcharakter zu verleihen, ist eine Kunst für sich, man denke an einschlägig bekannte Konzertetüden und wohlmeinende Ratschläge versierter Pädagogen, jeder Tonleiter den Charakter des Einzigartigen zu verleihen. Und doch: Wir kommen nicht darum herum…
Dass es auch ganz anders gehen kann, zeigt Martina Freytag in ihrem Lehrbuch Einsingen zu zweit. Hier steht der fruchtbringende Dialog im Zentrum der Aufmerksamkeit, richtet sich die vielfältig im Stimmbereich tätige Musikerin und Autorin klar und sorgfältig strukturiert an ambitionierte Laien und tätige Profis, die im gemeinsamen Einsingen die verschiedenen Parameter Stimmbildung, Musikalität, Interaktion und Interpretation mit beigefügter Audio-CD trainieren können. Anhand der Harmonieschemata kann man natürlich auch mit einem Instrument begleiten.
Alle genannten Bereiche werden zuvor sehr gut verständlich eingeführt (kleiner Dreher „augmentieren/diminuieren“ S. 11), die Vorteile des gemeinsamen Singens transparent dargestellt. Die Übungen machen Spaß, verpacken Basics in immer schöne neue Gewänder und motivieren zur Performance. Sprachlich wechseln Vokalisen, Silben und kurze Texte in deutscher oder englischer Sprache. Also: PartnerIn suchen und los üben?!
Nun, beim Gebrauch dieses Bandes muss man doch einiges im Blick behalten: Singen ist ja eine sehr persönliche künstlerische Ausdrucksform und somit ein durchaus sensibles Thema. Man sollte also bei seiner Gesangspartnerwahl überlegt vorgehen, einen Blick auf die jeweiligen Fähigkeiten des Einzelnen werfen und sich nicht nur aus Freude am Tun zusammenschließen. Eine gewisse Grundkompetenz in der eigenen Stimmbehandlung sollte auch gegeben sein, das entsprechend geschulte Hören und die Fähigkeit zum Korrigieren mit eingeschlossen.
Zudem schadet es keineswegs, wenn man sein Einsingen auch als Paar mit sich daraus ergebenden Korrektivmöglichkeiten gelegentlich mal von einem Profi begleiten lässt, der auch korrigierend helfen kann. So spricht nicht jeder im Englischen das th gleich weit vorne, färbt man Vokale doch sehr anders etc. Und nicht zuletzt: Eigentlich singt und spielt man sich ab einem gewissen Level nicht ganz ohne Blick auf die Erfordernisse der jeweiligen „echten“ Literatur ein. Das kann hier nicht im entsprechenden Maße geschehen.
Ist man sich dieser Dinge jedoch bewusst, so findet man nicht nur für ein „Einsingen zu zweit“ eine Fülle an wertvollen Informationen und Anregungen, die sowohl für SolistInnen wie auch für EnsemblesängerInnen sehr willkommen sind.
Christina Humenberger