Kagel, Mauricio

Elegía (1956) & Pieza (1957)

für Klarinette solo

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Henry Litolff's/Peters, Frankfurt am Main 2012
erschienen in: üben & musizieren 1/2014 , Seite 59

Im Nachlass des 2008 verstorbenen Mauricio Kagel fanden sich zwei Manuskriptseiten mit den vorliegenden Solostücken für Klarinette. Sie sind genau datiert und dürften zu den letzten Stücken gehören, die Kagel noch in Argentinien, vor seiner Übersiedlung nach Köln 1957, geschrieben hat. Die beiden kurzen Stücke sind streng zwölftönig komponiert und zeigen damit Kagels Standort instrumentalen Komponierens zu dieser Zeit.
Die nur zwölf Takte umfassende Elegía wirkt in der formalen ­Konzeption mit zwei langsamen ­Introduktionstakten, einem sich anschließenden Allegro mit drei verschiedenen, überwiegend durch den rhythmischen Verlauf geprägten Ausdrucksebenen nicht abgeschlossen. Sie ist auch bis auf die Anfangstakte nicht dynamisch bezeichnet. Interessant ist die rhythmische Ebene, die jede Schwerpunktbildung vermeidet und auf diese Weise der Melodie einen schwebenden Eindruck verleiht.
Das zweite Stück Pieza ist dagegen durchgeformt. Kagel hat hier eine langsame, sich in großen Intervallen bewegende, mit feingliedriger Rhythmik ausgestattete Musik geschrieben, die im Ausdruck sehr zurückhaltend ist und sich dynamisch zwischen Pianissimo und Forte bewegt. Kagel, der selbst – wohl eher autodidaktisch – Klarinette spielte, nutzt den gesamten Tonraum mit wenigen Spitzentönen im höchsten Register. Neben der Verwendung der Reihentechnik ordnet er auch die rhythmische Struktur, indem er den Rhythmus des Anfangsteils am Ende in der Krebsform aufgreift.
Die Gelegenheitsstücke Kagels können im Unterricht zu Beginn der Oberstufe als Einführung in die Zwölftontechnik Verwendung finden. Sie erfordern ein inten­sives Legatospiel bei Registerwechseln und rhythmische Genauigkeit. Die Notenausgabe enthält ein von Matthias Kassel verfasstes Vorwort mit analytischen Details und auch die Reproduktion der Autografe.
Heribert Haase