Rüdiger, Wolfgang

Ensemble & ­Improvisation

20 Musiziervorschläge für Laien und Profis von Jung bis Alt

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: ConBrio, Regensburg 2015
erschienen in: üben & musizieren 2/2016 , Seite 47

Großzügiger lässt sich solch ein farbiger Strauß kaum anlegen: Gleich 20 unterschiedliche An­regungen zum Improvisieren im Ensemble versammelt Wolfgang Rüdiger in diesem Heft. Sie sind so geordnet, dass der wünschens­werte Umfang an Vorkenntnissen und Erfahrung im Improvisieren in der Gruppe leicht ansteigt. Allerdings kommt der Großteil der Modelle fast ohne Vorkenntnisse aus und lässt sich unmittelbar umsetzen, auch in heterogenen Lerngruppen.
Jedes Modell ist mit Hinweisen versehen, wer es womit und in welchem Zeitrahmen realisieren kann. In der Schule eignen sich die Vorschläge von den ersten Grundschuljahrgängen bis zum Abitur. In der Musikschule können sie im instrumentalen Gruppenunterricht, im Kammermusik­ensemble oder im Musikschul­orchester verwendet werden.
Die Musiziervorschläge warten mit einigen Überraschungen auf, aber auch mit „alten Bekannten“ wie Karlheinz Stockhausen und John Cage. Selbst an oft bemühten Werken wie December 1952 von Earle Brown oder Styx von Anestis Logothetis vermag Rüdiger neue Perspektiven aufzuzeigen. Eine Reihe von KomponistInnen – Michael von Biel und Violeta Dinescu seien stellvertretend genannt – konnte er dafür gewinnen, neue Werke oder Konzepte beizusteuern.
Die tonalen Musiziervorschläge zu „Blues“ oder „Pachelbel-Bass“ mögen eine Bereicherung im Unterrichtsverlauf darstellen. Und das „Kofferpacken“, bei dem gemeinsam Ton für Ton eine Reihe entwickelt wird, sowie die „name pieces“ (Modelle zur Arbeit mit den Tonbuchstaben des eigenen Namens) ebnen den Weg zur Eigenkomposition dadurch, dass Ergebnisse zunehmend festgelegt und fixiert werden können. In „Fenster zum Hof“ werden Blicke freigegeben, indem unter anderem mit Liedausschnitten und Gesten improvisiert wird; ein andermal prägt die Vorstellung, der „fetteste Mann der Welt“ zu sein, die Improvisation; ein Musiziervorschlag geht von einem Werkausschnitt von Edgard Varèse aus – solche Modelle möchte man sofort ausprobieren und umsetzen!
An wertvollen und anregenden Materialien wird nicht gespart. Gerade im Zusammenhang mit angrenzenden Bereichen (insbesondere den bildenden Künsten) werden nach jedem Musiziervorschlag Literaturhinweise gegeben. Außerdem findet sich am Ende des Bandes eine aktuelle Liste mit Literatur zu Theorie und Praxis der Improvisation. Zu allem Überfluss beginnt der Band mit einer lesenswerten und informativen Einleitung, in der „Improvisation als Haltung“ erläutert und für einen weiten Begriff von Improvisation, ja von Musik geworben wird.
Von Spaß und Glück beim Musizieren ist ebenso häufig die Rede wie von Konzent­ration, Intensität, Achtsamkeit und Engagement. Hier schimmert durch, wie sehr Rüdiger am Herzen liegt, dass im Ensemble musiziert und improvisiert wird. Das großzügige Angebot wartet nur darauf, angenommen zu werden.
Matthias Schlothfeldt