Mörsdorf, Eva

Ensemble 23. April

An der Städtischen Musikschule Saarbrücken und der Musikschule im Landkreis Sankt Wendel bilden sich individuelle Ensembles für einen bestimmten Konzerttag

Rubrik: Bericht
erschienen in: üben & musizieren 3/2025 , Online-Beitrag 09

Bei Konzerten sollten SchülerInnen nicht nur vorspielen und sich gegenseitig zuhören. Weitere Potenziale ergeben sich, wenn Konzerte auch als Anlass für ein Miteinander-Musizieren genutzt werden. Auf diese Weise entstehen für die jeweiligen Konzerte einzigartige Ensembles.
Klar, zur Umsetzung dieses Vorhabens bedarf es gemeinsamer Proben, was bei den oft vollen Familienkalendern organisatorisch nicht so einfach ist. Darum beginne ich einige Wochen vor dem Konzert, die Unterrichte miteinander zu verzahnen. Die SchülerInnen kommen eher und bleiben länger, sodass sich die Unterrichte fünf bis fünfzehn Minuten überschneiden und kleine Ensembles entstehen. Am Konzerttag treffen wir uns dann zum ersten Mal mit allen TeilnehmerInnen, sprich mit dem ganzen „Ensemble des Konzerttages“ (z. B. „Ensemble 23. April“) ca. zwei Stunden vor Konzertbeginn und erleben den großen Moment, wie es klingt, wenn alle zusammenspielen.
Vor allem für die Jüngeren sind es besondere Erlebnisse, wenn zu ihren einfachen Stimmen die komplexeren Stimmen hinzukommen und sie Teil des großen Ensembleklangs werden. Aber auch für die Fortgeschrittenen hat das „Ensemble des Konzerttages“ seinen Reiz. Es nimmt den Druck, auf der Bühne die ganze Aufmerksamkeit des Publikums für sich allein zu haben, und reduziert möglicherweise damit verbundene negative Effekte von Lampenfieber. Trotzdem bleibt der Kitzel, weil es im großen Ensemble ganz anders klingt und das Ensemblespiel umso mehr erfordert, dass man sich auf die notwendigen motorischen Abläufe verlassen kann – zumal man sich selbst weniger bzw. anders hört.
Bei der Vorbereitung eines „Ensembles des Konzerttages“ gehört es zur zentralen Aufgabe für Lehrende, ein Arrangement mit Stimmen für jede Schwierigkeitsstufe zu schreiben. Hierzu ein paar Beispiele als Anregung:
– Einer unserer Hits ist „Miteinander“ von den Zupfgeigenhanseln, das auf nur zwei Akkorden basiert. AnfängerInnen können z. B. leere Basssaiten spielen und Fortgeschrittene eine einfache Wechselbass-Begleitung. Alle singen den Refrain und die, die können, auch die Strophen. Und schon steht sowohl das erste Stück des Konzerts als auch gleich noch die Zugabe beim Schlussapplaus inkl. der Einladung zum Mitsingen des Refrains an das Publikum.
– Wunderbar eignen sich auch all die vielen Popsongs über einem Begleitmuster aus vier Akkorden.
– Ein Beispiel aus der Barockmusik ist der berühmte Kanon in D-Dur von Johann Pachelbel. Einfache Stimmen ergeben sich aus dem Basslauf und den ersten drei Variationen. Alle SpielerInnen bleiben dann so viele Variationen dabei, wie sie vorbereitet haben, und kehren anschließend zum Basslauf oder einer der ersten Variationen zurück.
– Unser größter Spaß beim jüngsten Konzert war das Stück „Die Affen rasen durch den Wald“. Es folgt eigentlich immer demselben Prinzip, hält aber auch kleine Überraschungen für SpielerInnen wie ZuhörerInnen bereit: z. B. eine Leersaiten-Stimme mit einem Perkussionseffekt an der richtigen Stelle, eine Bassstimme mit chromatischem Lauf, Akkorde, die in der Strophe mit dem Affenbaby pausieren, und ein Knalleffekt, wenn der jüngste Mitspieler mit kindlichem Selbstverständnis als Affenoma schreit: „Hurra! Die Kokosnuss ist wieder da!“.
Im Vordergrund der Idee „Ensemble des Konzerttages“ steht also der musikalische Spaß und das Erleben gemeinsamen Musizierens fernab jeglichen Leistungsdrucks. Jeder bereitet natürlich seine Stimme vor. Und ebenso hat jeder schon mit anderen aus dem Ensemble des Konzerttages geprobt. Kleinere oder größere Herausforderungen haben alle SpielerInnen also in der Vorbereitung auf ihrem Niveau gemeistert und im Konzert darf, kann und soll in erster Linie die Freude am gemeinsamen Tun stehen, sodass es zu einem Erlebnis für SpielerInnen und ZuhörerInnen gleichermaßen wird.
Liebe KollegInnen, vielleicht findet sich in meiner Beschreibung ein Funken, der zu eurem Schaffen passt. Ich möchte Mut machen, die schlichte Freude des Miteinander-Musizierens zu kultivieren, manches zu vereinfachen, sich neben dem Reduzieren aber nicht mit völlig simplen Arrangements zufrieden zu geben. Es ist eine wunderbare Möglichkeit, im Einfachen das Besondere zu finden und für die eigene Klasse maßzuschneidern. Eine Belohnung, die man dafür bekommt, ist ein guter Zusammenhalt in der ganzen Klasse, vom ersten Konzert an. Und nach einigen Jahren kommen viele Geschichten und gemeinsam erlebte Momente zusammen.

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