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Bauchrowitz, Frank

Erleichterungen, aber kein Freibrief

Die Urheberrechtsreform 2021 bringt auch für Musikschulen und Privatlehrkräfte relevante Änderungen

Rubrik: Recht & Versicherung
erschienen in: üben & musizieren 1/2022 , Seite 40

Bereits 2019 verabschiedeten das Europäische Parlament und der Europäische Rat Richtlinien zur Modernisierung des Urheberrechts.1 2021 hat der deutsche Gesetzgeber diese in nationale Rechtsnormen umgesetzt, die inzwischen in Kraft getreten sind. Nachfolgend werden die Änderungen vorgestellt und die Auswirkungen auf die Arbeit in Musikschulen und für den privaten Unterricht beleuchtet.

Die neuen Bestimmungen klären zum einen die Verantwortlichkeit beim Upload von Inhalten im Internet. Diese wird nun durch das neue Urheberrechtsdienstanbietergesetz (UrhDaG) geregelt. Demnach sind Internetplattformen jetzt für alle Inhalte, die dort von Nutzern hochgeladen werden, grundsätzlich urheberrechtlich verantwortlich (§ 1 Abs. 1 UrhDaG). Nach der alten Rechtslage bestand diese Verantwortlichkeit nicht.2 Nach der neuen Rechtslage hingegen haften die Plattformen nun für nicht urheberrechtskonforme Inhalte so, als hätten sie diese selbst hochgeladen. Das neue Gesetz bestimmt aber auch, unter welchen Umständen die Plattformen nicht haften, nämlich sofern die hochgeladenen Inhalte entweder lizenziert oder gesetzlich erlaubt sind.
Erfasst sind nach § 2 UrhDaG Plattformen, deren Hauptzweck es ist, die hochgeladenen Inhalte zu speichern, öffentlich zugänglich zu machen, zu organisieren und damit Gewinne zu erzielen. Außerdem müssen sie mit anderen Online-Inhaltediensten um dieselben Zielgruppen konkurrieren. Darunter dürften Dienste fallen wie z. B. Netflix und Spotify. Hinsichtlich sozialer Netzwerke ist davon auszugehen, dass YouTube, Instagram, Facebook und TikTok die genannten Voraussetzungen erfüllen.

Lizenzen für hochgeladene Inhalte

Werden den Plattformen Nutzungsrechte für Inhalte von repräsentativen Rechte­inhabern oder über Verwertungsgesellschaften (z. B. die GEMA) angeboten, sind die Internetplattformen verpflichtet, entsprechende Lizenzen auch zu erwerben, sofern die Bedingungen angemessen sind (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 UrhDaG). Die Urheber haben Anspruch auf eine Vergütung für die Nutzung ihrer Werke (§ 4 Abs. 4 UrhDaG). Diese kann etwa durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden.

Gesetzlich erlaubte Nutzungen

Keine Lizenzen müssen die Plattformen hingegen einholen, wenn ein Upload gesetzlich erlaubt ist. Regelungen hierzu finden sich in § 5 UrhDaG. Erlaubt sind demnach insbesondere Zitate (§ 51 UrhG) in Up­loads von Nutzerinnen und Nutzern. Neue Erlaubnistatbestände sind nun in § 51a UrhG geregelt: Karikaturen, Parodien und Pastiches dürfen jetzt nach § 5 UrhDaG ebenfalls durch die Nutzerinnen und Nutzern hochgeladen werden. Der Plattforminhaber muss den Urheberinnen und Urhebern der Originalwerke für diese Nutzungsmöglichkeit nach § 51a UrhG eine angemessene Vergütung bezahlen (§ 5 Abs. 2 UrhDaG). Diese kann ebenfalls durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden.

Musikzitat als gesetzlich erlaubte Nutzung
Beim Zitat handelte es sich auch nach der alten Rechtslage bereits um eine erlaubte Nutzung. Damit eine Melodie nach den Regeln des Musikzitats in ein anderes Musikwerk übernommen werden darf, ist es notwendig, dass „die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist“ (§ 51 UrhG). Grundsätzlich besteht der Zitatzweck in einer Erläuterung des Inhalts und in einer kritischen Auseinandersetzung. Es ist also eine innere Verbindung zwischen dem zitierten und dem zitierenden Werk erforderlich.
Der erlaubte Nutzungsumfang eines Musikzitats ist ebenfalls stark begrenzt: Nach § 51 Satz 2 Nr. 3 UrhG dürfen nur „einzelne Stellen“ genutzt werden. Somit darf vom zitierten Musikstück immer nur so viel genutzt werden, wie zur Erkennbarkeit für den durchschnittlichen Hörer unbedingt erforderlich ist.3 Zusätzlich muss gemäß § 63 Abs. 2 UrhG bei einer öffentlichen Wiedergabe des Zitats die Quelle des Originalwerks angegeben werden.
Die Nutzung eines Musikzitats dürfte aufgrund der noch immer schwer umsetzbaren Voraussetzungen eher selten zur Anwendung kommen.

Musikparodie und Karikatur als gesetzlich erlaubte Nutzungen
Neu normierte und nunmehr ausdrücklich erlaubte Nutzungsmöglichkeiten sind die Parodie und die Karikatur (§ 51a UrhG). Damit die Voraussetzungen einer Musikparodie nach den Grundsätzen der Rechtsprechung bisher erfüllt wurden, musste diese an ein bereits bestehendes Werk erinnern, gleichzeitig aber ihm gegenüber Unterschiede aufweisen und einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darstellen.4 Die Rechtsprechung des EuGH relativierte diese letzte Voraussetzung dahingehend, dass „die humoristische oder verspottende Auseinandersetzung […] sich jedoch nicht auf das ursprüngliche Werk selbst beziehen [muss], sondern [sie] kann zum Beispiel auch einer dritten Person, einem anderen Werk oder einem gesellschaftlichen Sachverhalt gelten“.5 Eine Karikatur musste das Merkmal der „Überzeichnung“ aufweisen; eine scharfe Abgrenzung zur Parodie war (und ist) oft nicht möglich.6
An das genannte Erfordernis der künstlerischen Auseinandersetzung legte die Rechtsprechung strenge Anforderungen an.7 Der notwendige innere Abstand des neuen Werks zum benutzten Werk war nur dann gewahrt, wenn eine deutliche inhaltliche Auseinandersetzung mit dem älteren Werk stattfand. Je mehr die Vorlage in der Parodie wiederkehrte, desto deutlicher musste sich der (parodistische) innere Abstand zeigen.8

Die Richtlinie (EU) 2019/790 des europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG (DSM-RL)1 trat am 6. Juni 2019 in Kraft und war von den Mitgliedstaaten bis zum 7. Juni 2021 in nationales Recht umzusetzen.
2 EuGH, 22.06.2021 – C-682/18, C-683/18.
3 Dreier/Schulze, UrhG, 6. Auflage 2018, § 51, Rz. 21 f.
4 BGH, I ZR 9/15, Rz. 25 ff.
5 EuGH, C-201/13.
6 Bundestagsdrucksache Nr. 19/27426, S. 91.
7 BGH, I ZR 264/91.
8 Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl. 2018, § 24, Rz. 25.

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