Korff, Anna von

Flötenzeiten

Mit der Querflöte durch tausend Jahre Musik

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Holzschuh, Manching 2019
erschienen in: üben & musizieren 3/2020 , Seite 63

Sehr zum Leidwesen zahlreicher Musikbegeisterter gibt es nur wenige Instrumente, für die zu allen Zeiten Originalwerke geschaffen wurden. Trotzdem sind natürlich auch jene Epochen spannend, in denen das eigene Instrument entweder musikalisch nicht besonders bedacht wurde oder noch gar nicht vorhanden war. So liegt die Idee nahe, als erfahrene Musikerin und Pädagogin selbst Abhilfe zu schaffen und Melodien aus der Musikgeschichte auszuwählen und für das eigene Instrument einzurichten.
Anna von Korff wildert mit Lust und erfrischender Freude am Musizieren quer durch die Kompositionslandschaften. Im vorliegenden Band finden sich folglich Beispiele vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert mit Kompositionen von z. B. Wipo von Burgund ebenso wie von John Williams, Bach, Wagner oder James Horner. Dass dabei Sympathien für Melodien und eine aus der Praxis erwachsene Freude am Spielen ohne Hemmschwellen gegenüber Aufführungspraxis oder Respekt vor der ursprünglichen Intention des Komponisten dominieren, soll nicht in eine Diskussion über Bearbeitungen münden, denn die Freude am Musizieren – insbesondere am gemeinsamen – steht laut Vorwort ausdrücklich im Vordergrund.
Natürlich ist es eine Herausforderung, Wagners Walkürenritt klanglich auszublenden, wenn dessen Leitmotiv zur Dreiklangsübung mutiert, aber mit entsprechender pianistischer Unterstützung aus dem parallel zu erwerbenden Notenband wird das Gefühl schweren Blechs schon transportiert werden. Und im Flötentrio das Thema aus Star Wars beim nächsten Schulkonzert zu präsentieren, lässt das eigene Ansehen in die Höhe schnellen.
Überhaupt spielt der museale Aspekt in der jungen Generation keine große Rolle mehr – hedonistisches Tun, Musizieren um zu musizieren und nebenbei zu bemerken, dass auch vor 800 Jahren schon tolle Melodien entstanden sind, erwärmt Schü­lerInnen eher als andachtsvoll schweigendes Frieren in der Kirche zum weihevoll zelebrierten Dufay.
Andererseits blendet die Ausgabe das Entstehungsumfeld, die Verknüpfung mit Handlungen, Ritualen, Orten, Gepflogenheiten und mit einer speziellen Form gesellschaftlicher Konvention aus; man merkt zwar, dass es zu allen Zeiten wunderbare Musik gab, versteht aber die historischen Zusammenhänge, die musikalischen Entwicklungen und Eigenheiten deshalb noch lange nicht. Die Lehrkraft wird also Zusatzinformationen in den Unterricht integ­rieren müssen.
Spieltechnisch bieten die Arrangements für leicht fortgeschrittene SchülerInnen keine großen Herausforderungen; allerdings wird das Zusammenspiel teilweise interessant, gilt es doch z. B. bei Für Elise, den Klavierpart auf zwei Flöten aufzuteilen und hierbei keine „Löcher“ entstehen zu lassen. Gerade die Flötenduette und -trios sind teils pfiffige Vortragsstücke, die auf kleinem Raum große Orchesterliteratur erlebbar machen.
Christina Humenberger