Simon, Jürgen

Flotte Schreibe…

MuseScore: ein Open Source Programm zum Notenschreiben – nicht nur für Lehrkräfte

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 6/2013 , musikschule )) DIREKT, Seite 10

Sowohl Lehrkräfte als auch Gruppen- und Orchesterleiter stehen häufig vor der Aufgabe, Kompositionen und Bearbeitungen zu Papier bringen zu müssen: seien es vereinfachte Transkriptionen für den Unterricht oder auch neue Instrumentierungen, passend zu den im Ensemble vorhandenen Stimmen und Instrumenten. Neben kommerziellen Programmen wie Sibelius, Forte oder Finale hat sich das freie Programm MuseScore (www.musescore.org) etabliert. Das Programm wird ständig weiterentwickelt und weist ein hohes Niveau sowohl bei der Fehlerbereinigung als auch bei der Entwicklung neuer Funktionen auf. Selbst ein umfangreiches deutschsprachiges Handbuch ist verfügbar.
Das Programm erfordert eine gewisse Einarbeitung, da es primär über Tastenkürzel gesteuert wird. Zwar ist eine Bedienung mit der Maus in Grenzen möglich, aber wenn umfangreichere Werke eingegeben werden sollen, führt die Noteneingabe mit der Maus unweigerlich zum Orthopäden. MuseScore arbeitet grundsätzlich mit einer Step-Time-Eingabe: Das bedeutet, die Notenlänge muss für jede Note eingegeben werden. Das klingt jedoch umständlicher, als es tatsächlich ist.

Erste Besichtigung

Das Programm läuft unter Windows, Linux, BSD und OS X. Unter Linux kann es in vielen Fällen über die Paketverwaltung installiert werden, ansonsten kann es direkt von der Internetseite von MuseScore heruntergeladen und installiert werden.
Nach dem ersten Starten wird in der Regel eine Demo-Komposition geöffnet. Hier kann bereits die Wiedergabefunktion getestet werden. Ein Druck auf die Leertaste sollte die Wiedergabe der Datei starten. MuseScore kann dabei mit allen gängigen Systemen zur Audiowiedergabe arbeiten und stellt normalerweise alles automatisch so ein, dass die Wiedergabe funktioniert. Der Sound ist mit den Standardeinstellungen nicht berauschend, aber um zu prüfen, ob noch falsche Noten vorhanden sind, ausreichend.

Erste Partitur

Die erste eigene Komposition wird wie üb­lich mit dem Befehl Neu des Dateimenüs begonnen. Ein Assistent führt durch das Anlegen einer neuen Partitur. Alle Ein­gaben, die hier gemacht werden, können später noch geändert werden. Im ersten Fenster werden Titel, Komponist etc. eingegeben. Nach einem Klick auf Weiter werden im nächsten Fenster die Stimmen für die Partitur ausgewählt. Sollte ein ­bestimmtes Instrument fehlen, kann es durch ein anderes, ähnliches Instrument ersetzt werden. Die Bezeichnung und auch die Transposition können später geändert werden. Bei der Auswahl der Tonart im nächsten Fenster werden transponierende Instrumente korrekt berücksichtigt. Im letzten Fenster des Assistenten werden die Taktart und, wenn erforderlich, ein Auftakt sowie die Zahl der Takte, die zunächst erzeugt werden, festgelegt.

Erste Noten

Nun kann sofort mit der Eingabe von Noten begonnen werden. Mit „n“ wird die Noteneingabe gestartet. Zunächst wird eine Notenlänge gewählt: „1“ entspricht einer Vierundsechzigstel, „2“ einer Zweiunddreißigstel und so weiter bis „9“ für eine Longa. Mit der „.“-Taste wird der gewählte Notenwert um einen Punkt ergänzt. Für Doppelpunktierungen muss die Maus bemüht werden, um die entsprechende Schaltfläche in der Werkzeugleiste anzuklicken. Wenn einzelne Noten die Taktgrenze überschreiten, werden automatisch passende Überbindungen erzeugt. Um innerhalb eines Takts eine Überbindung zu erzeugen, benötigt man die „+“-Taste. Die gewählte Tondauer gilt für alle nachfolgenden Noten, bis eine neue Dauer gewählt wird.
Die Tonhöhe wird über den Notennamen mit den Tasten „c“, „d“, „e“… eingegeben. An Stelle des deutschen „h“ wird das angelsächsische „b“ verwendet. Pausen werden mit der Ziffer „0“ eingefügt. Im Normalfall werden die Noten entsprechend der gewählten Tonart erzeugt, so entsteht in G-Dur beim Druck auf die Taste „f“ ein „fis“. Dieses Verhalten kann in den Voreinstellungen angepasst werden. Mit den Cursor-Tasten kann man die Tonhöhe in Halbtonschritten ändern. Tonhöhen werden immer in der Oktave erzeugt, bei der der Abstand zur vorherigen Note möglichst gering ist. Mit „Strg“ und Cursor-Taste kann die zuletzt eingegebene Note um jeweils eine Oktave nach oben oder unten verschoben werden.
Nach Eingabe einer Note wird die Position um den Notenwert verschoben. Um innerhalb eines Systems einen Akkord einzugeben, können weitere Noten an der Position der zuletzt eingegebenen Note erzeugt werden, wenn dabei die Umschalt-Taste gedrückt wird.
Nach einer Gewöhnungsphase funktioniert diese Art der Eingabe sehr schnell. Da die Notennamen alle im linken Teil der Tastatur sind, können sie gut blind mit der linken Hand eingegeben werden, die Notenlängen hingegen mit der rechten Hand über den Ziffernblock.
Einige weitere Tastenkommandos können während der Eingabe sinnvoll genutzt wer­den. Mit „s“ können Bindebögen eingegeben werden. Dazu drückt man nach der ersten Note einer Bindung die Taste „s“ und gibt anschließend wie gewohnt weitere Noten ein. Um die Bindung zu beenden, muss nach der letzten Note, die unter dem Bindebogen stehen soll, erneut „s“ gedrückt werden. Mit Umschalttaste „.“ (auf einer deutschen Tastatur also „:“) können Staccatopunkte hinzugefügt werden.

Erste Strophe

Als nächster Schritt empfiehlt sich die Eingabe von Liedtext (falls vorhanden), da der Liedtext von MuseScore automatisch platziert wird, wohingegen Dynamik, Tempo und andere Einzeichnungen frei positioniert werden können. Dazu wird die erste Note, die einen Text bekommen soll, ausgewählt und mit „Strg“ und „1“ die Eingabe von Liedtext aktiviert. Nun kann der Text Note für Note eingegeben werden. Mit der Leertaste wird am Ende eines Worts zur nächsten Note gewechselt. Wenn ein Wort mit mehreren Silben auf mehrere Noten aufgeteilt werden soll, verwendet man die Taste „-“. Die Silben werden dann durch einen Bindestrich verbunden. Im umgekehrten Fall, wenn eine Silbe über mehrere Noten verteilt werden soll, muss die „_“-Taste verwendet werden. Dies kann für beliebig viele aufeinanderfolgende Noten geschehen.
Innerhalb einer Silbe können die Cursor-Tasten benutzt werden, um den Cursor zu bewegen. Hier lauert jedoch eine „Bedienungsfalle“: Wenn der Cursor am Anfang oder am Ende einer Silbe steht, dann wird der Cursor nicht über die Silbengrenze hinweg zur vorigen oder nächsten Silbe bewegt, sondern die Position der Silbe wird nach links bzw. rechts verschoben. Um den Cursor auf den Text der vorigen Note zu bewegen, muss die Tastenkombination Umschalt- und Leertaste verwendet werden. Die „Esc“-Taste beendet die Texteingabe.
Für weitere Strophen muss wieder die erste Note ausgewählt und erneut mit „Strg“ und „1“ die Liedtext-Eingabe aktiviert werden. Die folgende Strophe wird automatisch unterhalb der ersten platziert. Sollte in der ersten Strophe die erste Note ohne Text sein, erscheint die Texteingabe zunächst auf der Höhe der ersten Strophe. In diesem Fall wird mit „Enter“ in die nächste Zeile gewechselt.
Die meisten weiteren Bearbeitungsschritte werden mit den Paletten auf der linken Seite des Fensters vorgenommen. Hier finden sich Artikulationszeichen, Dynamik, Fingersätze und Wiederholungen. Alle diese Zeichen werden mit der Maus direkt aus der Palette in die Partitur gezogen.
Die Formatierung der Partitur erfolgt primär über Formatvorlagen, die mit den Menüpunkten Format-Stilvorgaben und Text-Stilvorgaben im Menü Format bearbeitet werden. Hier können Einstellungen für Takt- und Seitenzahlen ebenso wie Abstände zwischen Notenzeilen, Liedtext und diversen anderen Elementen des Layouts definiert werden, ebenso werden die Schriften für die verschiedenen Textarten festgelegt. Es ist daher in der Regel nicht sinnvoll, Schriftarten und Größen einzeln zu definieren.

Erste Ergebnisse

Noten, die mit MuseScore erzeugt werden, können sich durchaus mit den Ergebnissen der kommerziellen Programme messen. Die Noten sind schön und gleichmäßig gesetzt, der mitgelieferte Font für die Noten und musikspezifischen Sonderzeichen ist ausgesprochen elegant und die Ergebnisse sind gut lesbar.
Dieser Beitrag kann nur einen kleinen Aus­schnitt der Möglichkeiten, die MuseScore bietet, beschreiben. Wer ernsthaft mit dem Programm arbeiten möchte, sollte das gesamte Handbuch studieren und sich vor allem mit möglichst vielen der Tastenkürzel vertraut machen. Außerdem gibt es auf der Internetseite von MuseScore ein recht aktives Forum, das – zum Teil auch auf Deutsch – in vielen Fällen, in denen das Handbuch nicht mehr ausreicht, weiterhilft.
MuseScore unterliegt einer stetigen Weiterentwicklung. Zurzeit arbeiten die Entwickler an der Version 2.0, die viele Funktionen enthalten wird, die bisher gefehlt haben. Bereits jetzt kann man diese Ver­sion auf der Internetseite von MuseScore herunterladen und testen. Zum produktiven Einsatz ist sie jedoch ausdrücklich noch nicht vorgesehen.