Hofmann, Katharina
Gretel wird gehänselt
20 Variationen im Stil von Bach bis Bossa Nova für 1 bis 2 Querflöten und Klavier
Wie hätte das uns allen wohlbekannte Kinderlied “Hänsel und Gretel” wohl geklungen, wenn Johann Sebastian Bach es bearbeitet hätte? Oder Franz Schubert? Oder Karlheinz Stockhausen? Katharina Hofmann ist dieser Frage in pragmatischer Weise nachgegangen und stellt in ihrem Band “Gretel wird gehänselt” 20 instrumentale Versionen des Liedes dar: Von der Originalfassung über die Moll-Ausgabe, die gregorianische Version (betitelt Miserere haensi gretaeque) und die Triosonate à la Bach geht es bis zum Stil Mozarts, Beethovens, eines Schubert-Liedes (Gretelchen am Spinnrade) und eines Strauß-Walzers; dazu kommen etwa noch Heurigen-Musik, eine Bartók-Persiflage, Ragtime und sonstige Jazz-Stilarten, eine strawinsky-artige Ballettmusik, Tango, Hexations nach Erik Satie, ein politisches Lied à la Brecht/Eisler oder Filmmusik in der Weise der Italowestern.
Bezüglich der Besetzung nutzt die Autorin dabei alle zur Verfügung stehenden Variationen der Kombination von einem Klavier und zwei Querflöten; inklusive einer Ernst-Jandl-Fassung für Sprecher. Die Ansprüche der einzelnen Nummern reichen für die Flöten von auch schon von Anfängern blasbaren, im Quint- oder Oktavraum (allerdings der zweigestrichenen Oktave) angesiedelten bis hin zu rhythmisch und vom Ambitus her gut mittelschweren Stücken, die – bis auf die freitonalen – sämtlich in D-Dur oder d-Moll stehen. Ungewöhnliche Spieltechniken oder Artikulationsarten werden nicht verlangt. Die Klavierbegleitungen sind großenteils akkordisch angelegt und von einem halbwegs geübten Pianisten problemlos vom Blatt zu spielen. Allerdings sind viele der Stücke recht schnell und ob ihrer vielen Oktav-Griffe für Kinderhände schwieriger zu bewältigen.
Metronomzahlen sowie dynamische und agogische Angaben erleichtern die Interpretation; außerdem hat die Autorin unter jedes Stück einige Bemerkungen zu dem jeweils stilistisch nachgeahmten Komponisten und seinem Werk platziert, die ebenfalls weiterhelfen.
So kann man seinen FlötenschülerInnen (oder seinem Publikum) mit diesem Band tatsächlich einen gewissen Überblick über 1000 Jahre Musikgeschichte vermitteln, wenn auch mit einigen Aussparungen. Allerdings empfiehlt es sich doch, zu diesem Zweck immer erst einmal das jeweils nachgeahmte oder persiflierte Original vorzuführen. Und seine beste Wirkung erreicht der Band natürlich, wenn man alle oder zumindest mehrere Nummern daraus spielt.
Die Aufmachung des Hefts mit Zeichnungen von Regina Hapel zu jedem Stück ist sehr schön, das Notenbild übersichtlich. Allerdings existiert nur ein Stimmheft für beide Flöten, in dem prompt die für die SchülerInnen doch gerade durch potenziell wiederholtes Lesen aufzunehmenden Anmerkungen zu Komponist und Stil eines Stücks nicht enthalten sind. Trotzdem: eine schöne Idee für Unterricht und Vorspielabende.
Andrea Braun