Paul, Susanne / Nicola Kruse / Jens Piezunka / Mike Rutledge

Groovy Strings

Rhythmus & Groove im Streicherunterricht. Grundlagen, Methodik, 26 leichte bis mittelschwere Spielstücke für 2-3 Stimmen in beliebiger Kombination, mit CD-Extra

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2009
erschienen in: üben & musizieren 2/2010 , Seite 60

Die Zeiten, in denen StreicherInnen nur klassische Werke gespielt haben, sind zum Glück längst vorbei. Der Lehrplan fordert musikalische Vielfalt im Unterricht und vor allen Dingen kommen die SchülerInnen mit ganz konkreten Vorschlägen. Wenn Alexander Rybak den Eurovisionswettbewerb mit der Geige in der Hand gewinnt, wenn David Garrett bei „Wetten das…?“ vor einem Millionenpublikum auf seiner Geige rockt oder das Quartett Spring String gemeinsam mit Konstantin Wecker „den Hörer förmlich bei den Haaren packt und ihn herum wirbelt, bis er sämtliche Vorurteile über ,Geigenmusik‘ über den Haufen wirft“, wenn also das Spiel eines Streichinstruments endlich wegkommt von einem vermeintlich angestaubten Klassik-Image, dann fordern die SchülerInnen natürlich auch im Unterricht, andere Musikstile zu spielen.
Aus der Verlegenheit mangelnder eigener Erfahrung ihrer LehrerInnen heraus bekommen einige dann vielleicht zu hören, dass man klassische Musik spielen muss, um ein Streichinstrument ordentlich zu beherrschen. Manche behaupten womöglich, dass sich die Instrumente zu anderer Art von Musik als Klassik gar nicht eignen. Diesen Vorurteilen begegnet Groovy Strings von den Mitgliedern des Quartetts String Thing auf eindrucksvolle Weise. Hier werden die theoretischen Grundlagen und eine Methodik vorgestellt, die es möglich machen, mit dem Streichtrio bzw. im instrumentalen Streicherunterricht zu swingen und zu grooven.
Das Werk ist übersichtlich gestaltet, gut in der Handhabung und in vier große Themenbereiche gegliedert. Zunächst geht es den AutorInnen darum, ein theoretisches Verständnis von Groove zu vermitteln. Neben einem vorbereitenden grundlegenden praktischen Rhythmustraining (das sich unabhängig vom Musikstil für jeden Instrumentalunterricht eignen würde) gibt es dann auch sehr gut anwendbare Groove- und Phrasierungsübungen für das Instrument und im Hauptteil viele Spielstücke für zwei Violinen und Cello in binären bzw. ternären Rhythmen. Sie sind hervorragend arrangiert, klingen spritzig, sind voller Überraschungen und eignen sich schon oder vor allen Dingen für die Unterstufe. Aber auch für jeden anderen, der sich spät berufen mit Spielweisen und der Musik des Jazz, des Rock, des Pop und der Folk- und Latinmusic beschäftigen will.
In jedes Spielstück wird methodisch eingeführt. Die AutorInnen beschreiben in diesen methodischen Einstiegen jeweils das musikalische Thema, bieten rhythmische und spieltechnische Vorübungen, führen konkret in das Stück ein und geben methodische Tipps. Diese methodischen Einstiege sind nicht nur für den Unterricht mit AnfängerInnen gut zu verwenden, sondern auch für Fortgeschrittene, die sich in diese neuen Stile einarbeiten möchten. Besonders schön ist die Art und Weise der Vermittlung. Hier wird nicht (wie schon bei so manchem Jazzmusik-Workshop erlebt) von oben herab „den Klassikern“ gezeigt, was wirklich gute Musik ist, sondern methodisch überzeugend  und feinfühlig in andere, neue Spielweisen eingeführt.
Zu den Unterrichtsmaterialien gehört auch eine qualitätvoll und mitreißend eingespielte CD, die sofort Lust macht selbst zu spielen. Auf einem DVD-Teil sind die im Heft beschriebenen instrumentalen Techniken auf höchstem Niveau auf der Geige, der Bratsche und auch dem Cello wunderbar zu sehen. Hier könnten LehrerIn und SchülerIn zusammen nachahmen und ausprobieren. (Die Clips zum Nachahmen der Rhythmusübungen mit Bodypercussion allerdings wirken leider recht unbeholfen. Da sollte man lieber Bodypercussion-ExpertInnen zu Rate ziehen.) Und zu guter Letzt befinden sich auf der CD auch noch alle Partituren in der Version für je drei Violinen oder Bratschen oder Celli als PDF-Dateien zum Ausdrucken. Dass es die Partituren nicht auch in der Besetzung Geige, Bratsche und Cello als PDF-Dateien gibt, ist schade.
Im Vorwort heißt es: „Dieses Werk kann als Materialsammlung dienen oder Schritt für Schritt durchgearbeitet und als methodischer Leitfaden verwendet werden.“ Wie auch immer – dieses Werk macht Mut Neues auszuprobieren und stellt eine große Bereicherung für den Instrumentalunterricht für StreicherInnen dar.
Bianka Wüstehube