Ries, Ferdinand

Große Sonate f-Moll op. 19

für Klavier und Violine

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Accolade, Warngau 2018
erschienen in: üben & musizieren 2/2019 , Seite 58

Der in Bonn geborene Ferdinand Ries, Sohn des Lehrers von Ludwig van Beethoven, Franz Anton Ries, hinterließ ein umfangreiches Œuvre, darunter zahlreiche Kammermusikwerke. Seine unter dem Titel Grande Sonate pour le Piano-Forté, et Violon obligeé 1810 zum ersten Mal bei Simrock verlegte Sonate liegt nun in einer neuen Ausgabe bei Accolade vor.
Das kompositorische Werk von Ries führte lange Zeit ein Schattendasein und wird erst seit einigen Jahren nach und nach erschlossen. Bekannter war der zu Lebzeiten europaweit anerkannte und sehr erfolgreiche Pianist, Komponist und langjährige Leiter der Niederrheinischen Musikfeste als Zeitzeuge und Biograf Beethovens. Sein teilweise aben­teuerlicher Lebenslauf führte ihn in die großen musikalischen Zent­ren Europas. 13 Jahre lang war er in London ansässig und als Direktor der Philharmonischen Gesellschaft tätig.
Die Bonner Ferdinand Ries Gesellschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, das musikalische Werk von Ferdinand Ries künstlerisch zu pflegen und das Leben und Schaffen dieses bedeutenden Musikers aus der Stadt am Rhein wissenschaftlich aufzuarbeiten. Leider gibt die Ausgabe der Sonate, die im 180. Todesjahr des Komponisten neu erschienen ist, wenig werk- und editionsgeschichtliche Informationen.
Das dreisätzige Werk verdient eine Wiederentdeckung. Nach einer langsamen Einleitung – Largo espressivo – bestimmt das Klavier im Wesentlichen Tempo und Gestalt des ersten Satzes als Allegro agitato, wiewohl der Violine ein begrenzter Raum zur melodischen Gestaltung gegeben wird. Obwohl offensichtlich vom Klavier her konzipiert, bietet das Stück für GeigerInnen und PianistInnen viel Raum für kammermusikalisch feinsinniges Zusammenspiel. Trotz der nicht unbedingt geigerischen Tonart finden sich im Werk auch für das Melodieinstrument Möglichkeiten zur klangvollen Linienführung, jedoch erhält das Klavier die virtuose Dominanz. Der Violine fällt dabei eher die ergänzende und kolorierende Funktion gegenüber dem Klavierpart zu. Lediglich im zweiten Satz, einem Andante in der Dur-Parallele, darf auch die Violine gelegentlich klangvolle Phrasen ausspielen.
Der dritte Satz, Allegro, wieder – von einem modulierenden Intermezzo in der Mitte abgesehen – in f-Moll, bietet PianistInnen reichhaltig Gelegenheit zu brillieren, während der Violine eine motivische Begleitung zufällt. Es ist hier nicht der Raum für eine detaillierte musikalische Analyse der Komposition. Zusammenfassend lässt sich jedoch sagen, dass sie sicher für PianistInnen eine reizvollere Aufgabe darstellt und sie so ihrer instrumentalen Widmung im Titel gerecht wird. Kammermusikalisch stellt sie jedoch an beide InstrumentalistInnen reizvolle Anforderungen. Eine Einspielung ist bei Naxos erhältlich.
Uwe Gäb