Tüpker, Rosemarie

Gruppen­improvisation

Spielformen aus der Musiktherapie

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: BoD, Norderstedt 2024
erschienen in: üben & musizieren 6/2024 , Seite 57

Was für ein Buch! Aus jeder Zeile springt einen neben fundiertem Wissen der große Erfahrungsschatz der Autorin an, gekrönt durch tiefgründige Analyse. Nach einem langen Berufsleben, basierend auf einem Musik-, Psychologie- und Philosophiestudium, erweitert durch musiktherapeutische Ausbildungen, sammelt Tüpker eigene künstlerische sowie musiktherapeutische Erfahrungen in der Praxis mit erwachsenem Klientel und Studierenden der Universität Münster.
Tüpkers Publikationsliste ist lang und inhaltlich breit angelegt; mit ihrer Arbeit über den hohen Stellenwert von Spielformen der Gruppenimprovisation (auch) im Rahmen der Musiktherapie liegt ihr vorerst letztes Buch vor. Die insgesamt 62 Spielbeschreibungen sind nicht nur für musiktherapeutisch Tätige interessant, sondern können auch in musikpädagogischen, musikgeragogischen und sozialpädagogischen Arbeitsfeldern Anwendung finden. Die Texte der fünf Kapitel, ergänzt durch Einleitung, Erläuterung des persönlichen Hintergrunds, Literaturverzeichnis und Register, sind stets wissenschaftlich fundiert und auf eine Weise gedanklich vernetzt, dass ich mich als Leserin in hohem Maße wertschätzend durch das Werk geführt fühle und dabei von Anfang an das Bedürfnis sowie die Möglichkeit habe, meine eigenen Gedanken und Vorstellungen einfließen zu lassen.
Im Kapitel zur Gruppenmusiktherapie erläutert die Autorin zunächst „wesentliche Ebenen des Handelns und Verstehens“ anhand von drei Polaritäten: der Einzelne in der Gruppe – die Gruppe als Ganzes/Interaktion – Atmosphäre/Problemlösung – Regression sowie einem vierten Gesichtspunkt in Bezug auf den Austausch von Musik und Gespräch. Im nächsten Kapitel zu den Rahmenbedingungen werden die vier Pole Auftrag – Arbeitsformen/Setting – Kontinuität/Gruppengröße – Beeinträchtigungen/Heterogenität – Homogenität diskutiert und ergänzt durch Vorschläge zur Protokollierung sowie zur Bereitstellung eines angemessenen Instrumentariums.
Von zentraler Bedeutung für die Auswahl eines Spiels für die Gruppe in der konkreten Situa­tion sind die Ausführungen zu insgesamt 32 Aspekten, die hier nur in Auszügen angeführt werden können; diese „wurden aus den konkreten Spielen abstrahiert und stellen eine Ordnung quer zu den einzelnen Spielideen dar“. Hier findet man z. B. Aspekte wie „Abwechselnd im Mittelpunkt“, „Auflockerung“, „Ausgleichen und Regulieren“, „Die Gruppe kennt sich“, „Bewegung“, „Einfach und offen“, „Einfach und strukturiert“, „Entspannung“, „Fantasie und Kreativität“, „Gruppe als Ganzes“, „Problemlösung“, „Selbstwertgefühl stärken“ oder „Wiederholbare Form“. Auf eine prägnante Spielbeschreibung folgt jeweils eine Erläuterung der Einsatzmöglichkeiten und einer Zuordnung der entsprechenden Aspekte in einem grau unterlegten Kasten. Fazit: lesen und anwenden!
Manuela Widmer