Arnoldussen, Andrea

Händigkeit und ­Instrument

Wie machen Linkshänder Musik?

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2020
erschienen in: üben & musizieren 2/2021 , Seite 59

Andrea Arnoldussen möchte „eine neue Sensibilität für den Umgang mit Händigkeit“ schaffen, da deren Unterdrückung gerade für linkshändige Musikerinnen und Musiker negative Auswirkungen haben könne. Eine „erlebte Unstimmigkeit am Rechtshänderinstrument“ sei mit einem erhöhten Risiko für „physische und psychische Überlastungserscheinungen“ verbunden.
Die Autorin greift dabei auf ihre langjährige Erfahrung als Beraterin von Linkshänderinnen und -händern zurück und bettet diese in ausgewählte Fachliteratur ein. Gespräche mit linkshändigen Musikerinnen und Musikern ergänzen und bereichern die Lektüre. Auf diesem Weg gelingt ein facettenreicher und immer praxisbezogener Blick auf das „Musizieren mit links“, von dem sowohl ausübende Musikerinnen und Musiker als auch Instrumentallehrkräfte für Kinder und Jugendliche profitieren können. Dem eingangs erwähnten Ziel einer Sensibilisierung wird die Autorin damit gerecht: Eindringlich wird auf die Bedürfnisse linkshändiger Musikerinnen und Musiker hingewiesen.
Der erste Teil der Arbeit beschäftigt sich allgemein mit dem Thema „Händigkeit“. Zunächst referiert die Autorin gehirnphysiologische und entwicklungspsychologische Grundlagen, sodann schließen sich Hinweise auf mögliche Folgen einer Unterdrückung der natürlichen Händigkeit an. Ein solch „massiver Eingriff ins Gehirn“ könne die Feinmotorik, kognitive Funktionen und das eigene Körpergefühl beeinträchtigen. Auch sei das Gefühlserleben betroffen; sogar psychosomatische und psychi­sche Folgen seien nicht auszuschließen. Aufgrund dieser Folgen könne eine „Rückschulung zum Schreiben auf links“ sinnvoll sein. Dabei könne ein der tatsächlichen Händigkeit gerechtes Musizieren unterstützend wirken und es „den KlientInnen ermöglichen, ihre linke Hand, der sie bisher keine Beachtung geschenkt hatten, wahrzunehmen und schätzen zu lernen“.
Der zweite Teil der Arbeit geht der Frage nach: „Wie musizieren LinkshänderInnen?“ und mündet in einige Vorschläge zu einer gelingenden Instrumentalpädagogik. Die Händigkeit eines Kindes sei als „wesentliche[r] Teil der Persönlichkeit“ zu begreifen und unbedingt zu achten. Entsprechend liege es in der pädagogischen Verantwortung einer Ins­trumentallehrkraft, sich „mit dem Thema Linkshändigkeit und den Auswirkungen der Handdominanz auf das Instrumentalspiel“ zu befassen. Dazu bietet die Arbeit im weiteren Verlauf reichhaltige Möglichkeiten. Es folgen Hinweise zum „Musizieren mit links“ auf Streichinstrumenten, Gitarre, mit Schlaginst­rumenten, diversen Blasinstrumenten und am Klavier. Die Arbeit schließt mit dem Plädoyer, eingefahrene Konventionen zu einer vermeintlich richtigen und rechtsausgelegten Musizierpraxis zu überwinden. Vielmehr gelte es, junge Menschen zum Musizieren zu ermutigen. „Dabei muss die Händigkeit als natürliche Anlage respektiert werden.“
Matthias Goebel