Rabe, Johanna

Hase Hans und seine Freunde

Klavierschule

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Johanna Rabe, Hamburg 2009
erschienen in: üben & musizieren 3/2010 , Seite 59

Die vorliegende Klavierschule zeichnet sich über weite Strecken durch eine völlige Abwesenheit von Musik aus. Lediglich am Ende des Hefts trifft man auf einige Kinderlieder. Bis dahin haben die Klavier- bzw. Keyboardschüler nach und nach die Namen der weißen Tasten und ihre Notation gelernt. In den Übungsstücken werden die jeweiligen Töne in Rhythmen gespielt, die von Texten oder Rhythmussilben abgeleitet werden. Zusätzlich zeigen Griffbilder den Platz der Töne auf der Klaviatur an (dabei gibt ein Pfeil die Mitte der Tastatur fälsch­lich zwischen c’ und d’ an).
Der Notation liegt von Anfang an das 11-Linien-System zu Grunde, wobei das System als solches gar nicht zur Sprache kommt, da nur Einzeltöne gelernt werden und eine Phase des relativen Lesens fehlt. Die „Melodien“ aus je einem oder zwei Tönen können höchstens skandiert werden, zum Singen regen sie jedenfalls nicht an. Besonders seltsam ist es, dass sogar solch ein bekanntes Liedchen wie Auf der Mauer, auf der Lauer nicht mit der Originalmelodie, sondern nur auf einem Ton gespielt wird.
Sehr früh spielen beide Hände gleichzeitig, die begleitende Hand (in der Regel die linke) übernimmt Quint- oder Quartgriffe bzw. beide im Wechsel und zwar meist im gleichen Rhythmus wie die „Melodie“. Wo beide Hände abwechselnd spielen sollen, geben zwei Linien die Handverteilung an. In der dazugehörigen Erklärung heißt es, dass die Noten auf der oberen Linie mit der rechten, die Noten auf der unteren Linie mit der linken Hand gespielt werden. In den Darstellungen stehen die Noten für die rechte Hand tatsächlich auf, das heißt oberhalb der oberen Linie, die Noten für die linke Hand aber unter der unteren Linie. Für die weitere Verständigung über die Notenschrift im Unterricht könnte das durchaus verwirrend sein.
Am Beginn des Hefts wird auch auf schwarzen Tasten gespielt (die „Zwillinge“ und „Drillinge“ werden erwähnt). Dabei gibt es Aufforderungen zu kleinen Improvisationen, die aber teilweise ziemlich vage ausfallen („Spiele eine Musik für Peter Presto-Schnell und Lilli Largo-Langsam“, „Spiele mit links im gleichen Rhythmus etwas dazu“).
Musikalischer Ausdruck spielt im ganzen Heft eigentlich keine Rolle. Dynamik wird in einem einzigen Stück erwähnt. Artikulationen und verschiedene Anschlagsarten können praktisch kaum eingeführt werden, da die Melodik sich hauptsächlich auf die Tonwiederholungen der zu lernenden Töne beschränkt. Einzig und allein durch die Texte wird eine Ordnung zwischen den Tönen hergestellt.
Pianistisch ist es ungünstig, beide Hände so oft im gleichen Rhythmus spielen zu lassen. Eine Vorbereitung auf die beim Literaturspiel notwendige Unabhängigkeit der Hände wird auf diese Weise nicht geschaffen. Insgesamt erscheint es sehr fraglich, ob solch eine Schule geeignet sein kann, Kinder für Musik zu begeistern und die Voraussetzungen für ein sinnerfülltes Musizieren zu schaffen.
Linde Großmann