Kaul, Albert / Jürgen Terhag

Improvisation

Elementare Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2013
erschienen in: üben & musizieren 1/2014 , Seite 49

Immer mehr Lehrwerke für den instrumentalen Anfangsunterricht schließen heute Improvi­sationsaufgaben mit ein. Meist werden diese Anregungen zum freien Musizieren aber von den Autoren nicht fortgesetzt und bleiben dann auch im Unterricht auf der Strecke. Das vorliegende Buch versteht sich instrumentenübergreifend als Einstieg in Improvisationspraxis und -unterricht und bietet dabei neben zahlreichen thematischen Vorlagen und niederschwelligen Einstiegshilfen zum musikalischen Erfinden vor allem auch didak­tisches Grundlagenwissen.
Dazu gehört insbesondere die Sensibilisierung für die Auslotung von Spielräumen, welche den Lernenden angemessen sind. Zu große Freiheit befördert oft eine gewisse Beliebigkeit und Unverbindlichkeit im Spiel, auf der anderen Seite engen zu regelhafte Aufgabenstellungen ein. Die Differenzierung und flexible Behandlung von Improvisationsvorlagen werden anhand zahlreicher Beispiele erfahrbar und laden zum Nachmachen ein. Viel Raum widmen die Autoren auch der „Feedback-Kultur“ innerhalb des Gruppenimprovisierens: Hier werden zahlreiche ­Methoden vorgestellt, die auch über die musikalische Arbeit hinaus Bedeutung für den respekt­vollen zwischenmenschlichen Um­gang haben.
Auch erfahrene PädagogInnen werden unter den zahlreichen originellen Ideen für die Arbeit im Einzelunterricht mit Klein- und Großgruppen neue Anregungen finden. Die Beispiele reichen von elementaren Übungen bis zu komplexeren Disziplinen wie Improvisationstheater oder Improvisieren zu Stummfilmen. Interessant sind dabei immer die Wege aus totgelaufenen, unfruchtbar scheinenden Situationen, das Auffinden neuer Aspekte, unter denen ein Thema betrachtet werden und mit erfrischenden Ideen wiederbelebt werden kann. Unterhaltsam sind Praxisbeispiele wie das einer Schülergruppe, die sich an der Vertonung einer Daily soap ab­arbeitet. Die Schüler kommen nach nahe liegender musikalischer Illustration von Bewegungen und Charakteren schließlich auf die Idee, die Empfindungen des Salats beim Verzehr zu vertonen…
Für den instrumentalen Einzelunterricht gibt es schöne Ideen zum Start in die klassische Unterrichtsstunde: Technikübungen können auch weniger trocken ablaufen, indem man beispielsweise der Tonleiter einen Charakter verleiht und damit wie nebenbei auch noch Dynamik und Artikulation übt. Ein anderer Stundenbeginn wäre die musikalische Beantwortung der Frage: „Wie geht es mir heute?“ Das Buch gibt Anregungen zum differenzierten und fantasievoll weiterführenden Umgang mit ein­fachen Improvisationsspielen.
Übersichtlich sind alle Themen nach Brauchbarkeit für Einzelne oder Gruppen, Altersklassen, Anfänger oder Fortgeschrittene geordnet. Dem Autorenteam ist ein praktisches Nachschlagewerk und ein anregender Leitfaden gelungen.
Anja Kleinmichel