Merkt, Irmgard

Inklusion üben – und musizieren

Breitenbildung, Talentförderung und Professionalisie­rung von Menschen mit Behinderung an Musikschulen

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 1/2016 , Seite 16

Mehr und mehr gerät das Musizieren von Menschen mit Behin­de­rung in den Blick von Musikschulen. Dies ist nicht zuletzt die längst überfällige Umsetzung der Forderungen der UN-Behinderten­rechts­konvention von 2009.

Im März 2009 trat in Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft (Bundesgesetzblatt Jahrgang 2008 Teil II Nr. 35). Auf die Ratifizierung dieser Konven­tion, die von den Vereinten Nationen bereits 2006 formuliert und verabschiedet worden war, haben viele Menschen gewartet: Menschen mit ­Behinderung, die lieber in der Mitte als am Rand der Gesellschaft leben wollen, und Menschen, die sich jahrzehntelang in Pädagogik, Politik, Wissenschaft und Kultur für die gleich­berechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung eingesetzt haben.
Mit der UN-Behindertenrechtskonvention hat der Gebrauch des Begriffs Inklusion eine ungeahnte Konjunktur erfahren. Ein breit angelegtes Verständnis von Inklusion ist allerdings nicht auf Menschen mit Behinderung beschränkt; es meint den Prozess der Gestaltung einer Gesellschaft, in der jeder Mensch gleichberechtigt und selbstbestimmt an allen Teilbereichen der Gesellschaft teilhaben kann, unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft, Religion, Bildung, Beeinträchtigungen oder anderen individuellen Merkmalen. Um ein immer wieder auftauchendes Missverständnis auszuräumen: Inklusion meint nicht „Allen das Gleiche“, sondern „Allen das gleiche Recht“. Das gleiche Recht auf Bildung, Ausbildung, Arbeit, Kultur, Teilhabe.
Die UN-Behindertenrechtskonvention verlangt von den Regierungen nachweisbare Maßnahmen und regelmäßige Berichte über die Weiterentwicklung der Gesellschaft vor dem UN-Ausschuss zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen in Genf. Folgen in der Bundesrepublik sind unter anderem die Inklusionspläne der Bundesländer, der Nationale Aktionsplan 2011, dessen überarbeitete Fassung im März 2016 veröffentlicht werden wird, und schließlich der Staatenbericht vor dem UN-Ausschuss, der im März 2015 behandelt wurde. In all diesen Plänen und Berichten wird das Thema Kultur in unterschiedlicher Intensität behandelt.

UN-Behindertenrechts­konvention und Kultur

Artikel 24 und 30 der UN-Behindertenrechtskonvention äußern sich dezidiert zu Bildung und Kultur. Artikel 24 bezieht sich auf die schulische Bildung und verlangt die Gestaltung eines gemeinsamen Lernens von Anfang an: Die Vertragsstaaten gewährleisten ein inklusives Schulsystem und stellen sicher, dass Kinder mit Behinderungen nicht vom Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden (Art. 24, Abs. 2a). Die derzeitige Umgestaltung des Schul­systems in ein inklusives Schulsystems führt zu den bekannten Diskussionen und Verwerfungen. Allmählich mehren sich nun die Stimmen, die ein inklusives Schulsystem gesellschaftlich letztlich für vorteilhaft halten, wenngleich die äußeren Vorgaben zur Gestaltung der inklusiven Schule nach wie vor und oftmals zu Recht kritisiert werden.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 1/2016.