Heinritz, Charlotte

Jedem Kind sein ­Instrument

Das musikpädagogische Pionierprojekt an der Waldorfschule Dortmund

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Springer VS, Wiesbaden 2012
erschienen in: üben & musizieren 2/2013 , Seite 53

In dieser Veröffentlichung geht es um das Pilotprojekt instrumentalen Klassenunterrichts, das inzwischen in den unterschiedlichsten Ausprägungen praktiziert wird und an dem sich wohl immer noch die „musikpädagogischen Geister“ scheiden. Die Verfasserin macht diese Vorreiterrolle bereits in ihrer Einleitung deutlich und grenzt sich mit Verweis auf die Entwicklung des „Bochumer Modells“ gleichzeitig auch davon ab: „JeKi unterscheidet sich in einigen Elementen wesentlich von der Konzep­tion des hier vorgestellten Ursprungsprojekts.“
Der wissenschaftliche Anspruch dieser Studie legitimiert sich aus einem Praxisprojekt an der Alanus Hochschule über einen Zeitraum von fünf Jahren (2003-08) und liegt hier in Form eines gekürzten Forschungsberichts vor. Inwieweit die dargestellten Ergebnisse sich zu einem Transfer eignen, bleibt auch nach der Lektüre offen, da eine Hinwendung zu den speziellen Anforderungen der anthroposophischen Pädagogik Rudolf Steiners unumgänglich ist. Dies wird auch im Text deutlich gemacht und eingeräumt, dass die Begegnung von Musikschullehrkräften mit WaldorfpädagogInnen eine Hürde bei der praktischen Umsetzung darstellte. Zur Objektivierung dieses Sachverhalts wurden nach eigener Aussage in den Interviews auch solche Lehrkräfte befragt, „die als Kritiker des Projekts galten“.
Das Forschungsdesign der Studie bezieht sich auf das Verfahren der „Grounded Theory“, die ausführlich erläutert wird und sich damit in den wissenschaft­lichen Diskurs anderer Feldforschungsprojekte seriös einordnen lässt. Fragen der Instrumentenfindung („Instrumentenkarussell“) sowie detaillierte Einsichten in die – teilweise mühsamen – Schritte bis zur endgültigen Auswahl, der Wunsch, Nachhaltigkeit zu entwickeln, das Problem von Ermüdungserscheinungen im Verlauf der Unterrichtssequenzen und des Anschlussunterrichts nach dem Klassenmusizieren stehen aufgrund des eingeschlagen methodischen Weges dann auch im Mittelpunkt der Erörterungen und sind im Einzelnen mit zahlreichen Zitaten der wichtigsten Personengruppen (Kinder, Eltern, Lehrkräfte) gut und anschaulich dokumentiert.
So wird dieser Bericht auch ein Schritt auf dem sicherlich noch längeren Weg sein, Ergebnisse, Erfahrungen und Strategien dieser aktuellen und innovativen Unterrichtsform zu bündeln, aber auch immer wieder kritisch zu beleuchten. Instrumentaler Klassenunterricht ist keine abgeschlossene didaktische Konzeption, sondern wird seinen prozesshaften Charakter quasi als Leitfaden stets mit sich tragen. Das wird auch aus der knappen Zusammenfassung der Ergebnisse dieses Forschungsberichts deutlich. Im Anhang finden sich noch Materialien, die auch andernorts hilfreiche Dienste leisten können; die Bibliografie hält interessante weiterführende Literatur bereit.
Thomas Holland-Moritz