Bossen, Anja

(K)einer für alle – das Einzelkämpfer-„Team“

Kommentar

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 4/2017 , musikschule )) DIREKT, Seite 01

Bei Statusklagen geht es immer wieder um die Frage der Einbindung in die Musikschule, die sich auf juristischer Ebene vor allem am Merkmal der Weisungsgebundenheit und an der Freiwilligkeit aller über den eigent­lichen Unterricht hinaus zu erbringenden Leistungen festmacht. Doch aus pädagogischer Sicht bedeutet „Einbindung“, Teil eines Organismus und einer ­gemeinsamen Idee mit einem gemeinsamen Ziel zu sein, die von mehreren Menschen an einer Musikschule verwirklicht wird, nämlich im Team. Der aus der Wirtschaft und dem Sport stammende Teamgedanke in Unter­nehmen besagt, dass mehrere Menschen gemeinsam an der Umsetzung des Ziels arbeiten, wobei sich die Kompetenzen unterschiedlich verteilen ­können und arbeitsteilig gearbeitet werden kann.

Das gemeinsame Ziel der Musikschule heißt „musikalische Bildung“, der Weg führt über die Musikerziehung. Lange schon ist auch an Musikschulen die Rede von „Musikschulteams“. Diese sind, wie oft auch in der Wirt­schaft, interdisziplinär aufgestellt, haben jedoch alle ihren jeweils spezi­fischen Anteil am Gesamtziel der musikalischen Bildung. Nicht wenige Kommunen sehen den Teamgedanken jedoch offenbar anders: Für sie kann auch ein „Team“ sein, was in Wirklichkeit eine Ansammlung von Einzelkämpfern ist.

So lassen sich auch auf Internetseiten von Musikschulen, die nahezu ausschließlich Honorarkräfte beschäftigen, reihenweise „Musikschulteams“ finden. Doch für eine echte Teamarbeit sind der interdisziplinäre und ­pädagogische Austausch und die Kooperation zwischen einzelnen Lehrkräften von immenser Bedeutung. Ein Einzelkämpfer-„Team“, das nicht kommuniziert und kooperiert, kann kein wirklich gemeinsames Bildungsziel verfolgen und noch weniger gemeinsame Erziehungsarbeit leisten.

In der Zeitschrift Grundschule erschienen unlängst mehrere kritische Stellungnahmen dazu, dass die Ganztagsschule nur dann zur Bildungs­teilhabe und Chancengerechtigkeit beitragen könne, wenn alle pädagogischen MitarbeiterInnen sich als Team verstehen dürften. Doch der Status als Honorarkraft hindere sie daran. Frank Post, einer der Urheber der ­kritischen Stellungnahmen, bemängelt das staatlicherseits verhängte neoliberale Outsourcing von PädagogInnen an Ganztagsschulen und schreibt dazu weiter: „Jedoch lehrt die historische Erfahrung, dass gerade diejenigen Systeme untergehen, die eine Kooperation bzw. den Austausch der Menschen unterdrücken.“

Untergehen werden allerdings wohl weder Musikschulen noch Ganztagsschulen, egal, ob drin ist, was draufsteht. Sie werden einfach nur nicht das bewirken, was sie sollen und vor allem auch – könnten.