Schumann, Robert

Kinderszenen op. 15

für Gitarre, hg. von Peter Korbel

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Friedrich Hofmeister, Leipzig 2009
erschienen in: üben & musizieren 2/2010 , Seite 63

Einfach ist es nicht, gute Gitarrenmusik von Format aus dem 19. Jahrhundert zu finden, wenn man sich einmal abseits der ausgetretenen Gitarrenpfade um Giuliani, Merz etc. umschauen möchte. Fehlanzeige bei Schubert, Mendelssohn Bartholdy oder Schumann; dann gibt es gerade noch die Gitarrenwerke und Duos für Violine und Gitarre von Niccolò Paganini. Die Komponisten von Rang haben die Gitarre als adäquates Instrument für die Kunstmusik gemieden, höchstens mal ein Lied zur Gitarre gesungen. Neidische Blicke richten da die Gitarristen auf die Pianisten, deren Repertoire an Musik von Schubert bis Reger schier unerschöpflich ist.
Hier möchte Peter Korbel Abhilfe schaffen und hat im Leipziger Verlag Friedrich Hofmeister Robert Schumanns Kinderszenen op. 15 für die Gitarre eingerichtet. Nun mag die musikalische Welt zum Thema Bearbeitungen grundsätzlich geteilter Meinung sein, das Argument, große Musik für die Gitarristen zugänglich zu machen und damit zur Erweiterung des Gitarrenrepertoires beizutragen, ist jedoch nicht so einfach von der Hand zu weisen. Und wenn die Bearbeitungen gut sind und die Musik auf der Gitarre stimmig und nicht nach einer bloßen Bearbeitung klingt, spricht eigentlich nichts dagegen.
Gerade hier liegt aber die Problematik vorliegender Ausgabe. Um in Korbels Arrangement die von Robert Schumann gewünschte Leichtigkeit zu erreichen, muss man, jedenfalls bei den meisten Sätzen, schon wirklich ein hervorragender Gitarrist sein. Bei kniffligen Stellen, etwa in der „Träumerei“ oder in „Glückes genug“, kommen auch gute GitarristInnen ins Schwitzen. Andere Sätze, etwa das einleitende „Von fremden Ländern und Menschen“, sind dagegen in der Tat gut eingerichtet und mit fortgeschrittenen Fähigkeiten sicher zu bewältigen.
Hinzu kommt, dass Korbel mehrere Stücke, etwa „Fürchtenmachen“ und die „Träumerei“, aus Gründen der Spielbarkeit transponiert (darauf hätte er in der Einleitung hinweisen müssen!) und die sechste Saite mal in E, mal in D gestimmt hat. Dies wiederum macht ein Spielen in der Originalreihenfolge im Konzert quasi unmöglich; Korbel schlägt eine veränderte Reihenfolge der 13 Stücke vor, aber ob dies in Schumanns Sinn ist?
Leider kommen viele Fehler in Korbels Ausgabe hinzu, sodass eine Empfehlung schwer fällt. Dass nun gerade im zweiten Takt der „Träumerei“, im Melodieabschwung, den jeder im Ohr hat, statt cis ein c notiert ist, ist absolut unverzeihlich. Manche Fingersätze sind unspielbar und sicher auf Druckfehler zurückzuführen (z. B. „Träumerei“ Takt 10 oder „Ritter vom Steckenpferd“ Takt 1, hier handelt es sich obendrein um eine andere Umkehrung als in Schumanns Original).
So bleiben gemischte Gefühle zurück. Einerseits die gute Idee, große romantische Musik für GitarristInnen zugänglich zu machen, auf der anderen Seite einige Fragezeichen, ob Peter Korbel mit Schumanns Kinderszenen die richtige Wahl getroffen hat.
Uwe Sandvoß