Pernpeintner, Andreas

Klaviertechnik nach Ansgar Janke

Bewegungsoptimierung beim Instrumentalspiel

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Tectum, Marburg 2009
erschienen in: üben & musizieren 3/2010 , Seite 55

Voller Ehrfurcht schreibt Andreas Pernpeintner über Ansgar Janke. Ich gratuliere zu dem Mut, den es erfordert, wenn man sich in die Lehre des ehemaligen Lehrers hineinversetzen will. Nun ist es nicht so einfach, aus dem vielen Material die eigentliche Lehre herauszufiltern. Man ist ja als Student kein unbeschriebenes Blatt, sondern bringt eine eigene Vorgeschichte mit, die wie ein Filter wirkt. Manches versteht Pernpeintner in der „neuen“ Leh­re falsch. Wie etwa die Pronation, die er zwar von der Handhaltung her richtig beschreibt, aber von der Stellung der Knochen im Unterarm her falsch (sie stünden in der Pronation parallel, tatsächlich überkreuzen sie sich, wie auch Janke in seinen abgedruckten Notizen richtig schreibt). Auch sind Fachausdrücke falsch, wie etwa „theorakal“ statt „thorakal“ und „Relaxion“ statt „Relaxation“. Das kann passieren. Aber ist es wirklich genug, alle Äußerungen des Lehrers niederzuschreiben, ohne das Konzept wirklich verstanden zu haben?
Zunächst führt der Autor ei­nen anatomischen Kurzlehrgang durch, der alle wichtigen Knochen und Muskeln zwischen Schulter und Finger aufzählt. Leider ohne Bilder für die Muskeln in der Hand, das könnte die lateinischen Namen etwas verständlicher machen. So bleiben die Muskeln meist ohne funktionellen Zusammenhang, besonders im Bereich der Hand. Bei der Opposition des Daumens z. B. spricht er von ihrer Bedeutung für das Greifen, räumt aber gleichzeitig ein, das sei für das Klavierspielen nicht wichtig. Ist ihm das dadurch gebildete Hand­gewölbe nicht bekannt?
Die Anschlagstätigkeit wird von allen Seiten beleuchtet, gewissermaßen mit Spezialeffekten versehen, was zu Verwirrung führt. Der einfache Akt des Anschlags bleibt unklar. Pernpeintner schreibt etwas über die „Stemmbewegung“, die dazu führt, dass die gestreckten Finger das Grundgelenk beugen. Das ist richtig und tatsächlich meines Wissens noch nirgendwo veröffentlicht worden. Aber wa­rum stellt er das Stemmen nicht in den größeren Bewegungszusammenhang des ganzen Arms? Es wäre doch nur ein kleiner Schritt zu sehen, dass natürlich der Finger anschlägt, in der Hand einen Bewegungsmikrokosmos schafft, aber die Stemmbewegung durch den ganzen Arm in die Aufrichtung des Körpers geht – eine sehr tief sitzende Muskeltätigkeit. Für ihn scheint der Widerspruch darin zu bestehen, dass er den Arm als ersten benutzt, um die Hand zu führen. Tatsächlich aber wird der Arm von den Fingern benutzt, allerdings muss er dafür innerlich frei sein.
Dann geht es um die Atmung. Aber die Atmung funktioniert über Muskeltätigkeiten, die natürlich an die Armmuskeln anschließen und insofern ganz direkt mit den spielenden Fingermuskeln verbunden sind. Wenn die Atemmuskulatur blockiert, tun es die Finger auch. Und das Gehirn, das efferent den Anschlag und das Tastempfinden aufnimmt und afferent die Anschlagstätigkeit vorausplanen kann, hier also Voraushören ermöglicht – warum muss es so ausführlich behandelt werden?
Es ist schon ein schwer in Worte zu fassender Stoff. Ich glaube, dass man viele SchülerInnen unterrichtet haben muss, um eine so komplizierte Materie vereinfacht darzustellen. Nicht ohne Grund finden wir im Anhang etliche Anfänge von Ansgar Janke, mit denen er immer wieder versucht hat, das schwer Fassbare einfacher auszudrücken. Auch die großen Methodiker wie Breithaupt, Deppe, Martienssen haben sich schwer damit getan. Vielleicht war es gut, dass dieses Problem Andreas Pernpeintner nicht bewusst gewesen zu sein scheint, sonst hätte er das Buch wahrscheinlich nicht geschrieben.
Heide Görtz

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