Rüdiger, Wolfgang
Kleine Klavierstücke ganz groß
„Emiliana“ (Nr. II, IV, VI) von Sidney Corbett
Die Emiliana entstanden als Geschenk für meine Tochter Emily zu ihrem 8. Geburtstag. Aufgrund des 8. Geburtstags sind es acht kleine Stücke, jeweils acht Takte lang. Jedes der Stücke stellt eine andere musikalische Frage, oder besser: hat einen unterschiedlichen Inhalt. Auch wenn überschaubar gehalten, reflektieren die Stücke meine Art, musikalisch zu denken. Ich unterscheide nicht grundsätzlich zwischen Musik für junge Pianistinnen und Erwachsene; nur sind die Werke der Emiliana überschaubarer und stellen die typischen Merkmale meiner Musik in reduzierter Form vor, z. B. Zweier- und Dreierrhythmen; auch die Harmonik ist die meinige, aber die Stimmendichte ist reduziert.
Sidney Corbett
Haben Sie achtjährige KlavierschülerInnen, die gerne Neues erkunden? Dann bitten Sie sie doch mal, mit der linken Hand eine beliebige schwarze Taste zu spielen, zum Beispiel es, und dies mehrmals: piano, forte, mit und ohne Akzent… Die rechte Hand könnte dazu die beiden weißen Nachbartasten spielen, aber ein Stockwerk höher: d' und e' – welch schöner Kleinsekundklang, zusammen oder nacheinander angeschlagen! Und wenn man beide Elemente nun in rhythmische Bewegung versetzt, als Viertel etwa, gefolgt von zwei repetierten Achteln, ergibt sich ein kleines Motiv, mit dem man auf verschiedenste Weise spielen kann: z. B. dreimal wiederholen, poco presto, rhythmisch pulsierend, laut, trotzig, mit aufmüpfigen Akzenten, ein kleiner Wutanfall (siehe Emiliana II, T. 1–3).
So beginnt das zweite Stück aus Sidney Corbetts Zyklus Emiliana: Acht kleine Klavierstücke von jeweils acht Takten, die der Komponist seiner Tochter Emily 2016 zu ihrem achten Geburtstag geschenkt hat.
Lesen Sie weiter in Ausgabe 3/2021.