Matejko, Vahid

Klezmer-Miniaturen

für Piano, mit CD

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Alfred Publishing, Köln 2008
erschienen in: üben & musizieren 2/2009 , Seite 57

In den vergangenen Jahren findet Klezmermusik eine immer weitere Verbreitung. Insofern schließt die vorliegende Sammlung eine Lücke. Die Klezmermusik ist eine aus dem Ostjudentum des 19. Jahrhunderts stammende Form der Volksmusik, die vor allem von armen Juden bei Hochzeiten und anderen Familienfeiern gepflegt wurde. Die Vorteile einer Transkription für Klavier liegen auf der Hand: Eine Person allein kann sie spielen, charakteristische Elemente lassen sich gut wiedergeben und der Unterricht wird bereichert.
Im Wesentlichen besteht Klezmer aus einer komplexen Melodik (Vorhalte, Verzierungen, freie Rhythmik auf der Zigeunertonleiter beruhend, mit arabischen und synagogalen Elementen), die sich über einer einfachen Begleitung im 4/4- oder 3/4-Takt bewegt. Harmonisch verläuft die Musik in einfachen Kadenzen (T-D-T/T-S-D-T). Der Reiz der Musik liegt im Kontrast zwischen differenzierter Melodik und simpler Begleitung. Der größte Teil der Klezmermusik besteht aus Tänzen und balladesken Liedern, die im Original jiddisch gesungen werden.
Die vorliegende Sammlung besteht aus Transkriptionen von Originalstücken und Eigenkompositionen des Autors. Matejko, mit arabischen und polnischen Vorfahren in Berlin geboren, gelingt es, den Stil von Klezmer sehr gut zu treffen. Das vor allem für den Unterricht gedachte Album ist didaktisch geschickt in ansteigendem Schwierigkeitsgrad aufgebaut und stellt in einem informationsreichen Vorwort Sinn und Zweck der Sammlung heraus, mit Hinweisen zur Ausführung und Improvisation. Eine beiliegende CD enthält alle fünfzehn Stücke in vorbildlicher Interpretation.
Von den einzelnen Nummern beeindruckt vor allem das erste Stück „Night in Telaviv“, ferner „Trauriger Teddy“ und „Bazar in the City“. Etwas aus dem Rahmen fällt das letzte Stück „Naw Ruz“. Es steht im 5/4-Takt und führt durchweg zweistimmig (Melodie und Bass/linke und rechte Hand) melodisch, rhythmisch und klanglich komplizierte Strukturen vor; die komplementären Rhythmen erfordern aufmerksame Präsenz des Spielers. Das Stück – eine Eigenkomposition des Autors – ist reizvoll, charakteristisch und virtuos, es stellt hohe Anforderungen an die Interpreten.
Was natürlich bei Transkriptionen dieser Art fehlt, ist die für Klezmer typische Instrumentation (Klarinette oder Geige, Bass und Gitarre) und das Ambiente (fröhliche Gesellschaft). Auch Hinweise zur Dynamik, Phrasierung und Artikulation sowie Findersätze fehlen völlig. Das Spiel auf der CD ist ebenfalls in einem durchgängigen mf gehalten. Vielleicht sollte man zu den Stücken entsprechende Geschichten erzählen. Dennoch halte ich dieses Album für wichtig und lehrreich. Sowohl für den Klavierunterricht als Studienmaterial als auch als Vortragsstücke stellen die Miniaturen eine Bereicherung dar. Das Album ist sehr zu empfehlen.
Otto Junker