Sommerfeld, Jörg

Kompetenzstufenmodelle

Kompetenzorientierte Unterrichtsplanung am Beispiel ­Bläser­klasse

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 2/2016 , Seite 38

Von der praktischen Instrumental­pädagogik noch weitgehend unbeachtet finden im Schulsystem seit über zehn Jahren sehr weitreichende Veränderungen statt. Durch die Er­kenntnisse der Unterrichtsforschung, der pädagogischen Psychologie oder großer Vergleichsstudien wie PISA oder VERA entsteht ein neuer Blick auf die Qualität von Unterricht. Eine dieser Verände­rungen ist die Ver­schiebung des Interesses von Lerninhalten zu Schülerkompetenzen.

In den vielen Kooperationsmodellen von Inst­rumentalpädagogik und allgemeinbildender Schule gibt es die Möglichkeit des Transfers dieser neuen Sichtweisen auch in die Instrumentalpädagogik. Vor allem das Klassenmusizieren bietet sich an, weil hier oft ein Team von Schulmusikern und Instrumentalpädagogen mit derselben Schulklasse arbeitet. Eine Übertragung der schulischen Denkweisen auf instrumentalpädagogisches Handeln ist daher leicht zu realisieren, denn das Denken der SchulmusikerInnen dürfte bereits von der Kompetenzorientierung geprägt sein.
Im Folgenden wird ein mehrdimensionales instrumentalpädagogisches Kompetenzstufenmodell (KSM) am Beispiel einer Bläserklasse entworfen und es werden seine Anwendungsmöglichkeiten vor allem für die Beobachtung einer größeren Lerngruppe dargestellt. Der Vorschlag stützt sich weitgehend auf den Leitfaden Unterrichtsvorbereitung von Hilbert Meyer,1 sodass sich anhand dieser auch aus anderen Gründen lesenswerten „Anfängerdidaktik“ für Lehrkräfte im Schulsystem das Thema vertiefen lässt.

Was Kompetenz­orientierung bedeutet

Ein KSM ist Bestandteil der Unterrichtsplanung, Meyer ordnet es der Bedingungsanalyse zu. Bereits vor dem Unterricht überlegt die Lehrkraft, auf welchen Feldern Schülerinnen und Schüler individuell über welche Kompetenz verfügen und mit welchen Methoden und Hilfestellungen sie ihre Fähigkeiten weiterentwickeln sollen. Nach dem Unterricht oder nach einer Unterrichtsreihe kann mithilfe der vorher definierten Kompetenzstufen untersucht werden, ob und in welchen Lern- und Handlungsfeldern (siehe unten) sich ein Kompetenzzuwachs erkennen lässt. Dies ist dann Grundlage der weiteren Unterrichtsplanung.
Schulische Kompetenzstufenmodelle2 sind inzwischen teilweise bereits empirisch fundiert. Die Erfahrungen mit deutschlandweiten Lernstandserhebungen liefern dafür wich­tige Grundlagen. In der Instrumentalpädagogik gibt es im Moment kaum entsprechende Untersuchungen für eine Kompetenzstufung, daher folge ich Meyers Vorschlag, „eine prag­matische Entwicklungsstrategie von unten zu starten“3 und entwickle ein KSM aus meiner Unterrichtserfahrung.
Meyer beschreibt Schülerkompetenzen zunächst in fünf Stufen, die sich qualitativ voneinander unterscheiden.4 Bei Stufe 0 ist noch keine Kompetenz erkennbar. Die Stufe 1 wird als einfaches Nachahmen beschrieben. In Stufe 2 sind die Schülerinnen und Schüler in der Lage, nach Vorgaben zu handeln. Kennzeichen der Stufe 3 ist das eigenständige Handeln, das Handeln nach Einsicht. Auf der höchsten Kompetenzstufe 4 setzt in diesem Modell die selbstständige Prozesssteuerung ein. Mit dieser Stufung können jetzt unterschiedliche Bereiche des Lernens untersucht werden.

1 Hilbert Meyer: Leitfaden Unterrichtsvorbereitung, Berlin 52010.
2 ein Beispiel aus der Mathematik: www.iqb.hu-berlin.de/bista/ksm/MaSekI (Stand: 1.3.2016).
3 Meyer, S. 155.
4 ebd., S. 156.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 2/2016.