Weiermüller-Backes, Isolde (Hg.)

Komponistinnen kennenlernen

Leichte Klavierstücke von Komponistinnen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Certosa, Körborn 2019
erschienen in: üben & musizieren 3/2020 , Seite 62

Ebenso wie der seit 1986 bestehende Verlag Furore publiziert der 2010 von Isolde Weiermüller-Backes gegründete Verlag Certosa ausschließlich Musik von Komponistinnen. Der Sammelband Komponistinnen kennenlernen wurde von der Herausgeberin für den Klavierunterricht der Unterstufe zusammengestellt. Er enthält 19 sehr kurze und leichte Klavierstücke von ebenso vielen Komponistinnen aus unterschiedlichen Epochen und Ländern.
Das älteste Stück, ein Tambourin in F-Dur, stammt von der 1731 in London geborenen Elisabetta de Gambarini. Die jüngste vertretene Komponistin ist die 1981 geborene Rumänin Veronica Anghelescu, von der das rhythmisch genau notierte, dabei wie frei deklamierend wirkende Stück Ewige Liebe ausgewählt wurde.
Unter den älteren Stücken dürfte das in e-Moll stehende Pierrot sautille von Hedwige Chretièn (1859-1944) die Lernenden besonders ansprechen. Über einer ruhigen Begleitstimme in langen Notenwerten stellt die rechte Hand die Sprünge Pierrots in einem tänzerischen, vorwiegend aus Staccato-Achteln bestehenden Rhythmus bildhaft dar. Sehr schön ist auch Trauer von Anna Teichmüller (1861-1941), ein ruhi­ger zweistimmiger Satz in a-Moll. Unkompliziert und ansprechend ist Schmetterling von Anny Roth-Dalbert (1900-2004), ein rhythmisch lebendiges Stück in F-Dur, das manche harmonische Überraschung bereithält.
Unter den nach 1900 geborenen Komponistinnen überzeugt Leni Alexander (1924-2005) durch das präzise komponierte Stück Der tanzende Bär, das im Hauptteil aus den chromatisch benachbarten Tönen b, h, c und e, f, ges gebildet ist. Erst der rhythmisch herausgehobene Schluss bringt einige zusätzliche Töne. Mexikanische Folklore prägt das Stück Sittiche von Graciela Agudelo (1945-2018) in reinem C-Dur, das ständig zwischen 6/8-Takt und 3/4-Takt wechselt. Ein raffiniertes Spiel mit Obertönen präsentiert Teresa Catalán (*1951) in Armónicos. Unter der stumm gegriffenen Oktav g-g’ ergeben sich durch kurze, forte zu spielende Motive der linken Hand immer neue Klangfarben.
Emma Lou Diemer (*1927) nutzt in Slow lange Pedalfelder, um aus nacheinander angeschlagenen Einzeltönen und Akkorden komplexe Klänge aufzubauen – ein farbiges, alle Oktavlagen des Klaviers einbeziehendes Stück und eine komponierte Aufforderung zu lauschen. Ein klangschönes, meditatives Stück ist In Gedenken an Märtel von Katharina Weber (*1958).
Ergänzt wird die sehr gelungene Sammlung durch kurze Biografien der Komponistinnen in deutscher und englischer Sprache und farbige Illustrationen der dreijährigen Irina Georgescu. Das sehr glatte Papier bewirkt ein gestochen scharfes Notenbild, lässt jedoch bei direkter Beleuchtung die schwarze Druckfarbe reflektieren. Praktisch ist die Ringheftung, die ein unbeabsichtiges Zuklappen des Hefts verhindert.
Sigrid Naumann