Weiss, Susi

Kult Rock Songs der 70er-Jahre

für Piano

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Dux, Manching 2017
erschienen in: üben & musizieren 1/2018 , Seite 59

Klavierausgaben von Pop- und Rocksongs zeigen sich nicht selten in zweierlei Ausprägungen: entweder in einer solcherart reduziertem Tonsatz, dass das Original allenfalls erahnbar wird, oder mit einer akribisch aus­gehörten Melodieführung, deren Notation rhythmisch sehr kompliziert aussieht, verbunden mit Akkordtönen in der rechten Hand und Basspatterns in der linken, ein Klaviersatz, der für viele SpielerInnen kaum befriedigend zu realisieren ist.
Susi Weiss entgeht beidem, indem sie die Melodik für alle Strophen eines Songs vereinheitlicht, auch rhythmisch begradigt und in Klaviersätze kleidet, die praktikabel spielbar sind und zudem gut klingen. Ziel ist hier, Rocksongs auf einem Tasteninstrument komplett darzustellen. Es ist also keine Band vonnöten, kein Playback, es muss auch nicht gesungen werden. Gleichwohl sind die Songtexte dem Notentext vollständig beigegeben, das Mitsingen wäre denkbar, wird aber erschwert durch die Tatsache, dass fast ­immer die Originaltonarten bei­behalten werden, die für viele Stimmen zu hoch sind. Jedoch könnte durch diese Tonartenwahl der Wiedererkennungs-wert der Songs steigen.
Weiss veröffentlicht in diesem Band 30 eigene Bearbeitungen von Rocksongs der 1970er Jahre, die zum Teil eher im Pop beheimatet sind. Enthalten sind berühmte Titel von den Beatles, ­Elton John, Supertramp oder Chicago, aber auch weniger bekannte von Rupert Holmes oder der Little River Band.
Es sind verschiedenste Gattungen vertreten, von der Ballade zum Jazzrock, vom Walzer zum Funk. Die Auswahl mag persön­lichen Vorlieben folgen oder auch rechtlichen Einschränkungen geschuldet sein, doch je zweimal Titel von Lionel Richie und Bill Withers und keine von Paul Simon, Carole King, Bob Marley oder den Bee Gees: Bei einer Sammlung von Kult-Rocksongs werden sie doch vermisst.
Weiss’ Bearbeitungen sind sehr klar in der Notation, Akkordsymbole sind stets angegeben, die formalen Abläufe sind eindeutig, genau wie die Textzuordnung zu den melodischen Phrasen. Selten tauchen Vorzeichenfehler auf (Thank you for the music). Oft werden Licks eingesetzt, die die Phrasen miteinander verbinden. Spieltechnisch gilt es, diese von den Melodiephrasen ab­zuheben, insbesondere, da sie meist in der gleichen Oktavlage erklingen. Die ausnotierten Soli orientieren sich entweder an den Originalaufnahmen (Let it be, If you leave me now) oder sind eigene, stilistisch sehr passende. Es gibt knappe Tempoangaben, jedoch ohne Metronomzahlen, Fingersätze müssen selbst erarbeitet werden.
Weiss’ Klaviersätze sind nur selten kompakt und in der Regel gut zu greifen. Die grifftechnischen Schwierigkeiten liegen in einem mittleren Grad, die rhythmischen bei manchen Stücken auch höher. AdressatInnen werden naturgemäß Ältere sein, die mit diesen Songs lebten und leben, doch auch Jüngere könnten daran Gefallen finden.
Christian Kuntze-Krakau