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Grosse, Thomas / Heiner Gembris

L3Musik

Das Detmolder Zentrum für Lebenslanges Lernen in der Musik

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 5/2020 , Seite 18

Die (Aus-)Bildung in den Musikberu­fen und die Frage nach der Berufs­fähigkeit von AbsolventInnen stehen zwangsläufig in einem Spannungs­feld zur Weiterentwicklung der alltäglichen Berufspraxis. Hochschulen und andere Ausbildungsstätten reagieren zeitverzögert auf Anforderungen der Arbeitsmärkte und sehen sich dem Vorwurf ausgesetzt, nicht passgenau für Berufe auszubilden. Gleichzeitig können sie auch Orte innovativer Ansätze sein, die wiederum in der Berufspraxis noch nicht etabliert sind.

Musikschulen, Orchester oder Opernhäuser sehen sich der Herausforderung gegenüber, mit teilweise schwindenden Mitteln ihren Aufgaben auf höchstem (Leistungs-)­Niveau nachzukommen und wachsenden künstle­rischen bzw. pädagogischen Ansprüchen zu entsprechen. Den immer komplexer werdenden Berufsfeldern stehen Studiengänge gegenüber, deren Dauer weiterhin auf in der Regel vier bis sechs Jahre begrenzt ist.
Viele Studierende an Musikhochschulen sehen sich einer hohen Belastung im Studium ausgesetzt. Zur typischen Wettbewerbssituation im Studium und dem Bestreben, die bestmögliche individuelle künstlerische Entwicklung zu erreichen, haben sich seit Jahren zunehmend Studieninhalte gesellt, deren Bedeutung für ein erfolgreiches Berufsleben unstrittig sein dürfte. Musikmanagement, Musikvermittlung, Musikergesundheit oder Musikgeragogik gehören zu diesen prominenten Themen. Angesichts dieses Zuwachses muss die Frage gestellt werden, welche Inhalte zu welchem Zeitpunkt des Studiums und eines Berufslebens am besten vermittelt werden können.

Weiterbildung als gesetzlicher Auftrag

Weiterbildung ist als Aufgabe der Hochschulen bereits seit Jahrzehnten in den Hochschulgesetzen verankert, wobei die Rahmenbedingungen in jüngster Zeit deutlich ausgedehnt wurden. In seinen 2019 veröffentlichten „Empfehlungen zu hochschulischer Weiterbildung als Teil des lebenslangen Lernens“ stellt der Wissenschaftsrat fest: „Aus der bildungsbiographischen Perspektive bieten die Hochschulen weit mehr Angebote, die weiterbildend genutzt werden können, als das relativ kleine Segment der institutionell als Weiterbildung konzipierten Angebote. […] Sie sollten sowohl weiterbildende als auch flexible Studienangebote ausbauen und ihre Beratungs- und Unterstützungsstrukturen diesem Bildungsbedarf anpassen.“1 Die hier beschriebene Option, grundständige Studienangebote mit Weiterbildungsangeboten zu kombinieren, eröffnet neue Möglichkeiten.
Gemeinsame Lehrveranstaltungen für Grundstudium und Weiterbildung schaffen Begegnungen mit Lernenden aus verschiedenen Kontexten, erweitern die Horizonte und generieren neue Chancen des formellen und informellen Lernens unterschiedlicher Generationen. Sie können dazu beitragen, Weiterbildungskosten zu reduzieren. Denn dem Bildungsauftrag der Hochschulen steht das für öffentliche Einrichtungen geforderte Kostendeckungsprinzip gegenüber. Bei konsequenter Auslegung dieses Prinzips werden bestimmte Angebote so teuer, dass sie kaum Teilnehmende erreichen dürften. Der Wissenschaftsrat fordert „für Berufsbereiche, in denen ein besonderes öffentliches Interesse am Ausbau von Qualifikationen besteht, kostenfreie oder kostenreduzierte Angebote […], insbesondere dort, wo Arbeitgeber sich nicht an Teilnahmebeiträgen beteiligen können und häufig nur geringe Einkommen erzielt werden (beispielsweise in Pflegeberufen oder im Bereich Bildung und Soziales)“.2
Über die organisatorischen und finanziellen Aspekte hinaus sprechen vor allem inhalt­liche Gründe für eine moderate Öffnung der Angebote auch für Interessierte, die nicht aus originär musikbezogenen Berufsfeldern stammen. Denn sowohl AbsolventInnen der Hochschulen als auch in musikalischen Bereichen tätige MultiplikatorInnen benötigen für den kreativen Umgang mit ihren Aufgaben neue Impulse, die beispielsweise durch praxisnahe Angebote in Verbindung mit fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen vermittelt werden können.
Um dem an Bedeutung expandierenden Bereich des lebenslangen Lernens in (Aus-)Bildung, Weiterbildung und Forschung Rechnung zu tragen, hat die Hochschule für Musik Detmold gemeinsam mit Mitgliedern des Instituts für Begabungsforschung in der Musik (IBFM) und des Fachs Musik der Universität Paderborn im Oktober 2019 L3Musik gegründet – das Zentrum für lebenslanges Lernen in der Musik.

1 Wissenschaftsrat: Empfehlungen zu hochschulischer Weiterbildung als Teil des lebenslangen Lernens. Vierter Teil der Empfehlungen zur Qualifizierung von Fachkräften vor dem Hintergrund des demographischen Wandels, Berlin 2019, S. 9.
2 ebd., S. 11.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 5/2020.