Doppscher, Benjamin

Lage egal

Das Lagenspiel auf der Gitarre

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Friedrich Hofmeister, Leipzig 2020
erschienen in: üben & musizieren 3/2021 , Seite 62

Zur gründlichen Vertiefung der Kenntnisse im Lagenspiel hat Benjamin Doppscher Lage egal bei Hofmeister vorgelegt, womit er fortgeschrittene GitarristInnen anspricht, die zwar im unteren Lagenbereich recht notensicher sind, denen jedoch in höheren Positionen der Überblick fehlt, welche Töne wo auf dem Griffbrett zu finden sind. Ziel der Ausgabe ist die Strukturierung des Griffbretts und die Vermittlung einer freien, ungebundenen Spielbewegung in allen Lagen, immer auf Basis der C-Dur-Tonleiter, die dann in der Fähigkeit münden sollte, künftig selbstständig Lagen und Fingersätze zu entwickeln, die zu den Stücken und dem eigenen Spielvermögen passen.
Die Gliederung in fünf Kapitel orientiert sich an fünf gitarre­typischen Lagen – der ersten, zweiten, fünften, siebten und zehnten –, sodass im Heftverlauf das komplette Gitarrengriffbrett abgedeckt ist. Jedes Kapitel startet mit Tonleiterübungen zur Einführung in die neue Lage, gefolgt von charaktervollen Kompositionen für eine oder zwei Gitarren, alle aus der Feder des Autors. Die Stücke sind so angelegt, dass das Spiel in der vorgegebenen Lage auch klanglich begründet ist, in einer anderen, leichter spielbaren Position also anders und zumeist weniger wirkungsvoll klingt.
Benjamin Doppschers Kompositionen lassen sich gut anhören, das Spielen macht Freude. Sie sind stilistisch recht vielfältig, dabei im Grunde stets tonal, manchmal etwas jazzig. Viele Kompositionen beschreiben Charaktere oder Atmosphären und malen hübsche musikalische Bilder, wie bei Weite oder der Pa­rade der Glücksritter. Das Duett Warme Tage groovt sogar und versetzt SpielerIn und HörerInnen sogleich in eine angenehme Sommerlaune.
Die Fingersätze der linken Hand stehen aus gutem Grund nie direkt vor den Notenköpfen, denn es sollen ja die Noten, nicht die Fingersätze gespielt werden. Dort, wo es sinnvoll ist, stehen sie klein über dem Notentext. Die Zupfhand läuft mit, Doppscher verzichtet grundsätzlich auf Fingerangaben zur rechten Hand.
Die zahlreichen halbbedruckten und leeren Seiten könnten bei einer Neuauflage sicher mit weiteren Kompositionen von Doppscher gefüllt werden. Bei dieser Gelegenheit ließen sich ein paar kleinere Druckfehler (falscher Finger beim f in Weite, Takt 9; verdrehter Fingersatz in Takt 9 bei Anda, Lucian!) sicher mühelos bereinigen.
Lage egal ist eine Bereicherung und kann bestens im klassischen Gitarrenunterricht verwendet werden. Ein Durcharbeiten von vorne bis hinten ist allerdings mühsam und erfordert hohes Durchhaltevermögen, zumal ein klanglich angemessenes Spiel der Kompositionen in der zehnten Lage selbst den routinierten Spieler bisweilen herausfordern kann. Aber es lassen sich bei bestimmten Problemstellungen ausgezeichnet einzelne Kapitel in den Unterricht einbeziehen.
Uwe Sandvoß