Schmitt-Weidmann, Karolin
„Lass uns spielen!“
Anregungen zur Entwicklung von Spielen für den Instrumentalunterricht
Wie kann die Idee des Spiels als zweckfreie Tätigkeit mit dem Spielen eines Instruments, das Fähigkeiten erfordert, die intensiv erlernt und geübt werden müssen, in Synergien versetzt werden? Ein Blick in verschiedene Spieltheorien dient im Folgenden als Inspirationsquelle und kann zur Entwicklung neuer Spiele für den Instrumentalunterricht anregen.
Zweckfreies, lustvolles Spielen und zielstrebiges Erlernen eines Instruments sollen im Idealfall im Instrumentalunterricht Hand in Hand gehen: Das Spielen in all seinen Facetten fungiert Wolfgang Rüdiger zufolge dabei als Leitidee instrumentalpädagogischen Handelns.1 Doch was genau wird unter dem Begriff Spiel verstanden und welche Merkmale weisen Spiele auf? Blickt man in einschlägige instrumentalpädagogische Literatur zum Thema Spiel stellt man fest, dass wiederholt auf drei wesentliche Spieltheorien verwiesen wird: die Formen des Spiels aus entwicklungspsychologischer Perspektive nach Rolf Oerter,2 die Momente des Spiels nach Hans Scheuerl3 sowie die kultursoziologische Einteilung nach Roger Caillois.4 Diese dienen jedoch nicht nur als informative Quellen, sondern lassen sich auch nutzen, um für den Instrumentalunterricht Spielideen zu erfinden, indem verschiedene Merkmale des Spiels kreativ kombiniert werden.
Formen des Spiels
Rolf Oerter beschreibt aus entwicklungspsychologischer Perspektive vier Formen des Spiels, die zwar nacheinander erlernt werden, sich aber keineswegs ablösen, sondern ein Leben lang beibehalten werden:5
– Sensomotorische Spiele: Bei sensomotorischen Spielen steht die Freude an Körperbewegungen im Vordergrund. Hierzu gehören auch Geschicklichkeitsspiele, die beispielsweise dazu genutzt werden können, die Lust am Erlernen instrumentaler Spieltechnik zu befördern.
– Explorations- und Konstruktionsspiele: Explorations- und Konstruktionsspiele betreffen im Instrumentalunterricht insbesondere das Erforschen von Klängen als kreativen Impuls für (Neu-)Gestaltungen, unter anderem im Rahmen der Lernfelder Interpretation, Improvisation und Komposition.
– Symbol- und Rollenspiele: Das Spiel im Modus des „Als-ob“ ist der interpretierenden als auch improvisatorischen Musikdarstellung inhärent, die durch Vorstellungsbilder, Ausdruckscharaktere und Gesten geleitet wird. Entsprechende Spielformen können im Instrumentalunterricht auf vielfältige Weise eingesetzt werden, um die Fantasie und Ausdrucksfähigkeit zu befördern.
– Regelspiele: Werkaneignung und Technikaufbau sowie Improvisationskonzepte können nach vorab definierten Regeln ablaufen und Spielcharakter erhalten.
Alle genannten Formen des Spiels können miteinander auf vielfältige Weise Verbindungen eingehen. Ausgehend von sensomotorischen und explorativen Bewegungs- und Klangerforschungen am Instrument über diverse selbstgewählte Regeln – beispielsweise zur Beschränkung des (Ton-)Materials – werden in Verbindung mit der Darstellung von Ausdruckscharakteren komplexe gestalterische Spiel- und Lernprozesse angeregt.
1 vgl. Rüdiger, Wolfgang: „Spielen und Spiel als Leitidee instrumentalpädagogischen Handelns“, in: Busch, Barbara (Hg.): Grundwissen Instrumentalpädagogik. Ein Wegweiser für Studium und Beruf, Wiesbaden 2021, S. 33-48.
2 vgl. Oerter, Rolf: „Spiel und kindliche Entwicklung“, in: Oerter, Rolf/Montada, Leo (Hg): Entwicklungspsychologie, Weinheim 2002, S. 250-267.
3 vgl. Scheuerl, Hans: Theorien des Spiels, Weinheim 1975.
4 vgl. Caillois, Roger: Die Spiele und die Menschen. Maske und Rausch, Stuttgart 1960.
5 vgl. Oerter, S. 250-267.
Lesen Sie weiter in Ausgabe 2/2024.