Hanschel, Roger
Layers of Perception
für Fagott und Klavier
Zwischen den Grenzen von klassischer Musik und Jazz bewegt sich Roger Hanschel, Jahrgang 1964, ein vielseitiger Komponist und Saxofonist, mit mehreren Schallplatten- und Jazz-Preisen gekrönt. Er legt mit Layers of Perception ein herausforderndes Werk für Fagott und Klavier vor, eine Auftragskomposition für den Fagottisten Theo Plath. Der Fahora-Verlag, dessen Inhaber sich für eine stetig wachsende Auswahl an Fagottrepertoire einsetzen, hat das Werk jetzt verlegt. Im Aufbau und der Harmonik liegt es dem Jazz näher als der Klassik.
Nach einem kurzen Intro beginnt ein von Fagott und Klavier unisono tonlos – im Fagott mit Slaps, im Klavier mit abgedämpften Saiten – gespieltes Thema, dem fünf Variationen folgen, die sich in der Dynamik und der Art der Ausführung steigern. 1. leise mit Ton, 2. breiter und weicher mit neuer, heller Klangfarbe im Klavier, 3. leicht ausgeziert, 4. weiter ausgeziert und 5. schließlich, im Fortissimo und im Satz dichter, das Fagott nach oben oktaviert.
Anschließend eine lange, hoch virtuose Fagottkadenz, die zwischendurch vom Klavier begleitet wird. Sie entspricht einem Jazzsolo, in dem mit dem Thema gespielt wird. Der ganze Tonumfang des Fagotts wird ausgeschöpft. Mit arpeggierten Vierklängen und irregulären Intervallfolgen geht es ganz selbstverständlich hoch bis zum f2 und zu tiefen Ruhepunkten auf dem Kontra-B in Sechzehnteln bei Grundtempo Viertel = 150, zwischendurch auch 180 und „so schnell wie möglich“.
Danach kommt ein ruhiger Teil, das Thema erscheint im Fagott auf dunklen Klavierbässen als große ausführliche Kantilene, vorwiegend in der obersten Lage, wieder bis zu einem lang gehaltenen f2, und löst sich dann in einem furiosen Duett der beiden Protagonisten auf.
Höchste Virtuosität in einem Satz von dreizehn Minuten. Das Stück erweitert durchaus den spieltechnischen Horizont und macht Spaß, weil es einen Bereich, den Jazz, streift, in dem wir FagottistInnen nicht ohne Weiteres zuhause sind.
Die Ausgabe des Fahora-Verlags ist wie gewohnt hochwertig und schön gesetzt. Ein kurzes Vorwort zum Werk oder zum Komponisten wäre willkommen, aber das Internet liefert natürlich Informationen. Auf YouTube ist eine hervorragende Aufnahme der Komposition mit Theo Plath und seinem Pianisten Aris Alexander Blettenberg zu hören.
Layers of Perception ist eine grandiose Erweiterung des Fagottrepertoires und wer sich am Instrument der Herausforderung stellt, wird mit rasanter und zugleich sinnlicher Musik belohnt.
Annette Winker