Suk, Josef

Leichte Klavierstücke und Tänze

Hg. von Jonás Hájek

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter, Prag 2024
erschienen in: üben & musizieren 1/2025 , Seite 62

Von Josef Suk gibt es keine wirklich leichte Klaviermusik. Insoweit könnte die Aufnahme dieses sehr attraktiven Auswahlbandes in die etablierte Komponistenreihe „Leichte Klavierstücke und Tänze“ falsche Erwartungen wecken, obgleich sich ein entsprechender Hinweis im Vorwort findet.
Die zwölf kurzen, ausdrucksstarken Stücke bilden eine schöne Bereicherung des Repertoires für die Mittelstufe. Die pianistischen Anforderungen betreffen vor allem die klangliche Gestaltung sowie das sichere Zurechtfinden in teilweise komplexen harmonischen Zusammenhängen. Weite Griffe setzen zudem eine ausgewachsene, eher große Hand voraus – auch wenn sich hier durch Arpeggieren und geschickten Pedaleinsatz einiges entschärfen lässt. Eine besondere Geläufigkeit wird nicht gefordert.
Josef Suk (1874-1935), Schüler und Schwiegersohn von Antonín Dvorák, war ein außerordentlich vielseitiger Musiker. Neben Komposition hat er Violine und Klavier studiert, war 42 Jahre lang zweiter Geiger des von ihm mitgegründeten, international erfolgreichen Tschechischen Streichquartetts, mit dem er über 4000 Konzerte absolvierte, und trat auch als Pianist öffentlich auf.
Diese Vielseitigkeit spiegelt sich in seiner Klaviermusik. Ein runder, in allen Lagen ausgewogener Klang verrät den erfahrenen Pianisten; die besonders differenzierte Behandlung der Mittelstimmen verdankt sich möglicherweise dem Quartettspiel.
Die frühesten Stücke (Humoreske g-Moll, Albumblatt F-Dur, Andante C-Dur) stehen noch ganz in der Tradition Dvoráks. In der 1897 komponierten Dorfserenade überrascht Suk, bei volkstümlicher Melodik, durch eigenwillige sechstaktige und fünftaktige Phrasenbildung. Das mit *** überschriebene, nur 21 Takte umfassende Andante aus dem Jahr 1902 spannt einen weiten emotionalen Bogen vom melancholischen Beginn über eine dramatische, harmonisch weit ausgreifende Steigerung zu einem stillen, dennoch von untergründiger Spannung erfüllten Schluss.
Die ergreifende Komposition Wie Mutter nachts ihrem kranken Kind vorsang schrieb Suk 1907 in Erinnerung an seine zwei Jahre zuvor im Alter von nur 27 Jahren verstorbene Frau Otilie. Hier geht er harmonisch ganz eigene Wege. Über dem Orgelpunkt b und mit der Vorzeichnung von b-Moll entfaltet sich ein in parallelen großen Terzen geführter Gesang, der bald in dreistimmige Akkorde übergeht. Manchmal klingt die Ganztonleiter an, aber das Stück lässt sich nicht festlegen und endet mit derselben unaufgelösten Dissonanz, mit der es begonnen hat.
Zwei Gelegenheitswerke Suks – die Klavierbearbeitung einer Polka aus Vysoká, die er oft von Volksmusikanten gehört hatte, und eine mit Spanischer Ulk überschriebene Miniatur – erscheinen hier erstmals im Druck. Es ist zu wünschen, dass diese sehr anregende Sammlung das Interesse am Klavierwerk von Suk neu beleben wird.
Sigrid Naumann