Kerkmann, Ursula

Lieder zum Ankommen

Sprachvermittlung und ­Sprachförderung durch Singen. Bausteine für den Unterricht mit zugewanderten Kindern

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Helbling, Innsbruck 2018
erschienen in: üben & musizieren 2/2019 , Seite 50

Die vom Landesmusikrat NRW un­terstützte Publikation Lieder zum Ankommen der Gesangspädagogin Ursula Kerkmann versteht sich als Beitrag zur Integ­ration von nach Deutschland eingewan­derten Kindern und richtet sich an GesangspädagogInnen sowie Musikschul-, Grundschul- und Sprachförderlehrkräfte.
Das Buch gliedert sich in drei Teile, von denen der erste in das Konzept und in zwei exemplarische Unterrichtsreihen einführt. Der Praxisteil umfasst insgesamt 80 Kinderlieder, die nach Wortfeldern aus der kindlichen Lebenswelt sowie nach einem Anfangs- und Aufbauwortschatz strukturiert sind und jeweils in eine zusammenhängende Unterrichtsreihe eingeordnet werden. Im Anhang finden sich ansprechend gestaltete Praxismaterialien (Bildkarten, Gitarrengriff­tabelle). Zum Liederbuch gehört eine CD, die den Lehrkräften das Einstudieren der Lieder erleichtern soll.
Der Aufbau der Unterrichtseinheiten ist konsequent durchdacht und berücksichtigt die didaktischen Prinzipien Wiederholung, Vertiefung und Methodenvielfalt. Die Anwendung des Konzepts gestaltet sich durch die abwechslungsreichen Aufgaben für die Kinder motivierend. Der Ansatz, das Singen mit vertiefenden Übungen in zusammenhängenden Einheiten zu kom­binieren, unterscheidet dieses Buch wohltuend von vielen anderen Liedersammlungen zur Sprachförderung.
Leider bleiben jedoch die didaktischen Hinweise sehr an der Oberfläche. So wird zwar darauf hingewiesen, dass die Lehrkräfte sensibel mit sprachlichen Fehlern der Kinder umgehen sollten, jedoch nicht, wie dies konkret zu bewerkstelligen ist. Auch an anderen Stellen bleibt die Autorin konkrete sprachdidaktische Umsetzungsmaßnahmen und Begründungen für Behauptungen schuldig.
Bereits in der Einleitung weist Kerkmann darauf hin, dass beim Einsatz von Liedern auf formal korrekte Sprache geachtet und Metaphern in den Liedtexten vermieden werden sollen. Doch finden sich in den Liedtexten zahlreiche verkürzte Wörter wie „geh’n“ statt „gehen“, die nicht der korrekten Silbenanzahl entsprechen, sowie Texte, die eine unübliche Satzstellung enthalten. Darüber hinaus ist die Verwendung unreiner Reime (z. B. „Tag“ und „wach“) aus sprach­didaktischer Sicht nicht wünschenswert.
Das eigentlich gut durchdachte und kreative Konzept ist leider nicht durchgängig optimal umgesetzt. Das Fehlen einer sprach­didaktischen Einführung macht für MusikpädagogInnen den Einsatz des Buchs problematisch. Aber auch PädagogInnen mit sprachdidaktischer Qualifikation müssen jedes einzelne Lied daraufhin prüfen, ob es die zur Sprachvermittlung erforderlichen linguistischen Mindeststandards erfüllt. Trotz aller Kritik ist das Buch aber einer der gelungeneren Versuche, Lieder zur Sprachvermittlung zu nutzen.
Anja Bossen