Minkenberg, Hubert (Hg.)
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Musik als Medium kultureller und Sozialer Arbeit
Das Buch versammelt Inhalte einer auf Grund der Pandemie ausgefallenen Tagung, die den Abschluss eines an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf durchgeführten Projekts bilden sollte. Dass manche Beiträge eines breiten öffentlichen Diskurses, mithin eines kollegialen Feedbacks bedurft hätten, merkt man dem Buch an. Die Qualität der Aufsätze ist äußerst heterogen und auch die Gliederung nicht ausbalanciert: Neun Beiträge werden unter der Überschrift „Theoretische Grundlagen“ summiert, obwohl diese Trennung nicht sauber ist, weil die Autorinnen und Autoren hin und wieder (eigene) Praxisbeispiele einstreuen.
Im Abschnitt „Praxis“ finden sich drei Beiträge, die recht kurzweilig zu lesen sind, zumal zwei von ihnen weitgehend systemische Perspektiven auf diese wichtige Thematik einnehmen; der dritte ist ein „Erfahrungsbericht“, der Community Music „in der Praxis“ beschreibt. Community Music ist dann auch ein Schlagwort, mit dem sich auf vielerlei Ebenen auseinandergesetzt wird. Das erzeugt mitunter Redundanz zwischen einzelnen Aufsätzen.
Zwei Beiträge seien hervorgehoben, weil der eine einen spezifischen Blickwinkel einnimmt und der andere den bisweilen in sich zirkulierenden Diskurs der Community Music wesentlich voranbringt. Der Beitrag von Wolfgang Rüdiger gibt mit dem Begriff der „Kommunikativen Musikalität“ eine Antwort auf die Frage, ob Community Music als „Artistic Citizenship“ nicht das Potenzial hätte, an Hochschulen und Musikschulen einen Habitus zu entwickeln, der die erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten so weitet, dass sie zu einer „weitgespannten Bildungs- und Kulturarbeit an ‚Musikschulen für alle‘“ befähigen. Was Rüdiger leistet, ist die nicht immer stringent und überzeugend argumentierte, aber den Diskurs bereichernde Inblicknahme auf „Artistic Citizenship“.
Wolfgang Lessing nimmt darauf in einer äußerst wohltuenden kritischen Haltung ebenfalls Bezug. Er zeichnet die von Elliot u. a. bestimmte Debatte um „Artistic Citizenship“ nicht nur systematisch und schlüssig nach, sondern legt auch deren mögliche Konsequenzen auf hierzulande bestehende Denkstile dar. Er beschließt seine Ausführungen mit dem Aufgreifen eines alten Gedankens: dem Spiel. Lessing rekurriert auf den zeitgenössischen Philosophen Giorgio Agamben und sein Verständnis von Spielen als Akt der Profanierung und fragt, ob dies nicht ein Modell für „Artistic Citizenship“ sein könnte.
Im Gesamtkonzept des Buchs ragen beide Beiträge heraus, weil sie das Potenzial haben, die Thematik von Musik als Medium in der kulturellen und Sozialen Arbeit in die Debatten kritisch reflektierend hineinzutragen. Wer sich einen Überblick verschaffen will, dem sei das Buch empfohlen. Wer in der Materie ist, wird – abgesehen von Rüdiger und Lessing – nicht viel Neues erfahren.
Bernd Clausen