Berg, Ivo Ignaz / Isabelle Sophie Heiss

„Machen ist wie wollen, nur krasser“

Universität der Künste Berlin: Kritisches Denken in Initiativen rund um den Studiengang Künstlerisch-Pädagogische Ausbildung

Rubrik: Bericht
erschienen in: üben & musizieren 6/2023 , Online-Beitrag 01

Studieren an der Universität der Künste Berlin heißt, sich einer ungemeinen Vielfalt und Fülle an künstlerischen Ausdrucksweisen gegenüber zu sehen. So gut wie alle Fächer und Disziplinen sind unter einem Dach vertreten, zusammengefasst in den Fakultäten Bildende Kunst, Gestaltung, Musik, Darstellende Kunst sowie den hochschulübergreifenden Instituten wie dem Hochschulzentrum für Tanz. Dadurch eröffnen sich zahlreiche Möglichkeiten des die Künste übergreifenden Dialogs und des Aushandelns gesellschaftspolitisch relevanter Themen.

Mit dem zentralen Modul des Studium Generale, das mit zehn Leistungspunkten verpflichtender Bestandteil aller Studiengänge der Universität der Künste ist, existiert eine institutionalisierte Einrichtung, an der das kritische Denken explizit in den Mittelpunkt gestellt werden kann. Kulturwissenschaftliche Einführungsveranstaltungen, offene Lehrveranstaltungen aus den unterschiedlichen künstlerischen Bereichen sowie flankierend ein interkulturelles Mentoring führen Studierende zusammen und ermöglichen Begegnung, Reflexion und Vernetzung. Zusätzlich bietet die jährlich in der ersten Januarwoche stattfindende Kollisionen-Woche ein Format, das konkret zur transdisziplinären Projektarbeit über die Fakultäts- und Fächergrenzen hinweg einlädt.[1]
Das Ideelle allerdings Wirklichkeit werden zu lassen, erfordert neben der grundsätzlichen Neugier und Offenheit auch Entschlossenheit und Mut. Was in manchen Situationen überfordernd wirkt – nicht selten ist vom kaum zu steuernden „Tanker Universität der Künste“ zu hören –, macht es andererseits möglich, ein ganz eigenes Narrativ von Kunstuniversität zu entwerfen und zu gestalten.
Gerade im und um den Studiengang Künstlerisch-Pädagogische Ausbildung herum, der sich in manchen Aspekten ja bereits interdisziplinär begreifen lässt, scheint dies immer wieder zu gelingen. An erster Stelle sind hier die Initiativen und Projekte der Studierenden zu nennen: In selbstorganisierten Musiktheater-Produktionen, in Konzertreihen, Installationen und Benefizveranstaltungen werden kollaborative Arbeitsweisen, das Aufbrechen von Gender-Klischees in traditionellen Werken, die Aufführung von Werken diskriminierter KomponistInnen oder das konkrete Engagement für marginalisierte Gruppen in den Mittelpunkt gestellt.
Diese Wachheit und Reflexionsbereitschaft der Studierenden schlägt sich nicht zuletzt in den Seminar- und Prüfungsthemen der allgemeinen Instrumental- und Vokaldidaktik nieder. Gerade diskriminierungs- und machtkritischen Themen, die ein besonderes Anliegen der Studierenden und Lehrenden bilden, wird in Seminaren Raum gegeben. Der Nährboden hierfür mag auch im Kontext der Stadt Berlin mit ihrer allenthalben greifbaren Geschichtlichkeit, ihrer Rolle als politisches Zentrum und dem Aufeinanderstoßen unterschiedlichster Lebensentwürfe, Lebensrealitäten und sozialer Milieus liegen.
Die Größe der Institution macht ein Einigeln im eigenen Kosmos ebenso möglich wie ein bereicherndes Denken „Out of the Box“ in der Konfrontation mit Anderem. Ob dies auch ein Anstoß für die Weiterentwicklung des Studiengangs Künstlerisch-Pädagogische Ausbildung insgesamt sein kann, etwa angesichts der aktuell drängenden Fragen des Lehrkräftemangels oder der Vielfalt an musikalischen Bildungsbedürfnissen in der Gesellschaft, muss die Zukunft zeigen.

[1] Informationen unter: https://www.udk-berlin.de/studium/studium-generale/kurse-courses/kollisionen-2022 (Stand: 30.7.2023).