Baum, Thomas / Andrea Boß-Heyens / Heinz-Jürgen Küpper

Manege frei

Klavierschule für den Gruppenunterricht ab 6 Jahren, Band 1

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Henry Litolff's/C. F. Peters, Frankfurt am Main 2008
erschienen in: üben & musizieren 3/2009 , Seite 58

Ballett tanzende Giraffen und sich zum Rumba wiegende Elefanten, im Chor singende Seeadler und durch die Manege kugelnde Pandabären: Das sind die Akteure, die Kinder zwischen sechs und acht Jahren für diese 22, oft lautmalerisch gestalteten Stückchen begeistern sollen, in denen Zirkusgeschichten erzählt werden. Der Zirkus könnte sich freilich im Unterrichtsraum fortsetzen, da das Heft ausdrücklich auch für den Gruppenunterricht mit bis zu sechs (!) Kindern empfohlen wird…
Dementsprechend möchte die Schule inhaltlich vor allem das Zusammenspiel fördern, sowohl in improvisatorischer Form als auch beim Spiel notierter Stücke. So beginnt das Heft, das für etwa ein halbes bis maximal ein Jahr Unterricht vorhalten dürfte, mit einstimmigen, aber auf beide Hände verteilten Liedern, wobei zuerst die mittleren Finger beschäftigt werden, erst später die schwächeren Außenfinger. Doch die Autoren gehen in dem sehr ausführlich gehaltenen Vorwort und im didaktischen Aufbau besonders darauf ein, dass Generationen von PianistInnen während ihrer Ausbildung niemals mit Improvisation in Berührung kamen. Gänzlich freie Improvisation, so heißt es da, würde die Kinder jedoch anfangs überfordern und die Motivation bremsen. Deshalb werden schon diesen ersten Spielstückchen jeweils so genannte Werkzeugkästen zur Seite gestellt, in denen (ohne Liniensystem notierte) Noten als rhythmische und melodische Modelle ohne feste Fixierung in Zeit und Tonhöhe zur improvisatorischen Begleitung angeboten werden.
Neben der Improvisation wird damit im Hinblick auf das Zusammenspiel der Kinder gutes Hören auf den Anderen trainiert: sowohl auf den gemeinsamen Puls als auch auf melodische und harmonische Aspekte. Über die improvisatorische Begleitung hinaus wird ab dem zehnten Spielstückchen jeweils ein – ebenfalls recht einfach gehaltener – Secondo-Part angeboten. Beide Partien sind in Bass- und Violinschlüssel notiert, die allerdings als solche erst relativ spät eingeführt werden; anfangs wird nur mit einzelnen Notennamen operiert, von denen aus die SchülerInnen dann abzählen müssen. Dabei gehen die Autoren vom a aus, um durch den Bezug zum Alphabet die Notenbestimmung zu erleichtern.
Schön ist bei dieser Schule, dass alle Stücke als Lieder angelegt und mit Texten versehen sind. Als Nachteil dabei muss man jedoch konstatieren, dass sie (im Hinblick auf das automatische Mitlernen des Bassschlüssels) sehr tief notiert sind; die Autoren empfehlen denn auch, in einer höheren Lage zu singen. Das jedoch erschwert den Kindern – gerade im Gruppenunterricht – später auch mitzusingen.
Ein gut einsetzbares Heft, das einige Lernelemente als exklusiver aufbauscht, als sie sind – das jedoch gerade für kleine Gruppen tatsächlich sehr geeignet ist.
Andrea Braun