Simoni, Cristina de
Maulwurf & Co
12 leichte Klavierstücke zum Vorzeigen und Nachspielen
Die vorliegenden zwei Neuerscheinungen von Klavierstücken für Kinder empfehlen sich durch ihre spielerisch-kreative Herangehensweise als gute Ergänzung zur Klavierschule. Beide beschränken sich nicht auf die reine Notenreproduktion, sondern fördern das freie Spiel. Cristina de Simoni spricht vornehmlich Kinder im ersten Unterrichtsjahr an, wohingegen Christian Ernsts Band SchülerInnen vorbehalten ist, die bereits einen Kenntnisstand von zwei bis drei Jahren mitbringen. Das musikalische Material ist seinem didaktischen Ziel entsprechend melodisch, rhythmisch und motivisch sehr eingängig konzipiert.
Bei Simoni werden durch Vor- und Nachspielen ausdrücklich das Gehör und die Unabhängigkeit vom Notentext ausgebildet. Dazu benutzt sie visuell einprägsame Strukturen, Figurationen und Begleitmuster, die sich am Tastenbild orientieren und auf einen schnellen Erfolg bedacht sind wie zum Beispiel das Blues-Schema. Bemerkenswert erscheint ihre Harmonisierung, die zum Teil Tonarten mit bis zu sechs Vorzeichen einbezieht und somit über eingefahrene Hör- und Spielgewohnheiten hinausgeht. Zudem werden mit Lagenwechseln und Pedaleinsatz auch klangliche Mittel des Instruments erfahrbar gemacht.
Einigen Stücken hat Simoni eine Begleitstimme für ein zweites Klavier beigefügt, die von der Lehrkraft oder fortgeschrittenen SchülerInnen gespielt werden kann. Dies ermöglicht gemeinsames Musizieren und frühzeitiges Wahrnehmen komplexerer Klangerlebnisse.
Während Simonis programmatische Ideen wirkliche Innovation vermissen lassen, vermag Ernst durch seine Verknüpfung von überwiegend märchenhafter Thematik mit der musikalischen Variation als „Zauberei“ zu überzeugen. Ergänzt werden diese „Zaubertricks für Kinder“ mit kurz gehaltenen fantasievollen Erzähltexten, die die einzelnen musikalischen Verwandlungen ausgesprochen anschaulich und nachvollziehbar erklären.
Bei ihm werden Prozesse schöpferischer Musikalisierung in Gang gesetzt, indem die Kreativität im Umgang mit allen musikalischen Parametern geweckt wird. Durch Variation von Melodik, Harmonik, Rhythmik und Begleitmustern in Kombination mit vielfältigen Gestaltungsideen sowie durch Transposition, Improvisation und zuletzt Komposition im Eigenversuch schult Ernst sowohl analytisches Verständnis als auch Koordination, letztendlich Flexibilität am Notentext und am Instrument. Chromatische Durchgänge in der Melodik und Mixturverläufe in der Harmonik beweisen experimentierfreudiges Spiel mit den Tonarten, wirken aber in der Verwendung und Behandlung von Dissonanzen oft überspitzt.
Unabhängig von der Kompositionsweise beider AutorInnen leistet die verbindende pädagogische Idee des freien Spiels einen wesentlichen Beitrag zu Fantasie fördernden Erfahrungen am Instrument. Simoni vermittelt ein eher notentextunabhängiges Lernen, Ernst hingegen setzt seinen Fokus auf gestaltungs- und variationstechnisches Lernen.
Christoph Guddorf