Feist, Hanna

Mehr als heiße Luft

Neue Ideen für das Querflötenspiel – einfach & systematisch

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Waldgut, Frauenfeld 2007
erschienen in: üben & musizieren 6/2007 , Seite 59

Einer komplexen Sache kann man sich auf unterschiedliche Weise nähern. Sicher ist dabei ausschlaggebend, an wen man sich mit seinen Erkenntnissen wenden will. Was die Kunst des Flötenspiels anbelangt, gab es in den vergangenen 20 Jahren schon etliche gelungene Annäherungsversuche. So ist Werner Richters schöne, ganzheitliche Darstellung Bewußte Flötentechnik sehr schnell zu einem Standardwerk der Methodikseminare für Querflöte an den Hochschulen geworden. Er versucht alle Wenn und Abers mit einzuschließen und das Ganze wissenschaftlich zu fundieren.
Der im vorliegenden Buch von Hanna Feist gezeigte Ansatz ist meines Erachtens dazu konträr. Die Flötistin und Musikpädagogin Hanna Feist hat einen ganz anderen Anspruch. Ihr ist es gelungen, ein sehr schön zu lesendes, grundsätzlich vom Atmen ausgehendes, pädagogisches kleines Buch zu verfassen. Sie schließt bewusst verwirrende akribische Erklärungen und Details z. B. aus den Naturwissenschaften aus und orientiert sich hauptsächlich an eigenen Erfahrungen.
Zwangsläufig wirken daher einige Darstellungen recht vereinfacht. (Für das Ändern des Anblaswinkels zum Erreichen der verschiedenen Register wird empfohlen, allein den Kopf leicht auf und ab zu bewegen. Luftstrom, Mundform und Stellung des Unterkiefers bleiben unverändert.) Als professionelle Flötistin hat man beim Lesen so manche Ergänzung oder kontroverse Überlegung. Ein langer linker Daumen etwa muss ja nicht gebeugt werden, wodurch er unerwünschte Spannung in der Hand erzeugt. Er kann doch auch locker über die Daumen-Doppelklappe hinausstehen und vor allem nicht nach rechts gedreht, sondern etwas an seiner linken Seite aufliegend, ähnlich der entspannten Haltung der Finger bei lockerem seitlichen Hängenlassen des Arms (also nicht wie auf der Zeichnung dargestellt, Seite 44.) In einige Beschreibungen kann sich ein Flötenschüler verständlicherweise erst mit bereits erworbener Erfahrung hineindenken.
Dieses Buch ist liebenswert, wegen der motivierenden Haltung, in der es geschrieben ist und wegen seiner Eindeutigkeit. Auch die äußere Aufmachung ist klar und typografisch ansprechend, übersichtlich, wie es in der waldgut-logo-Reihe üblich zu sein scheint. Profis wird hier manchmal durch simple neue Benennungen wie z. B. „Baby-Zählen“ (Seite 88) verdeutlicht, was sie im Laufe der Jahre beim Üben und Unterrichten wahrscheinlich selbst schon gedacht und gelernt haben. Sie finden anregende Gedanken und Vorstellungen, viele Tipps und auch ein paar sehr schöne Vergleiche, wie den des Metronoms mit dem führenden Mann bei einem Paartanz: lockere und sehr wache Anpassung sind gefragt. Das Buch richtet sich vorwiegend an FlötenschülerInnen und Studierende, aber auch alte Hasen können noch sehr gut davon profitieren.
Barbara Rosnitschek