Eibl, Julia
Menschen mit Behinderung im Instrumental- und Gesangsunterricht
Eine qualitative Studie zur Perspektive von Lehrkräften an österreichischen Musikschulen
Seit rund fünfzehn Jahren ist der Begriff „Inklusion“ im deutschsprachigen Kulturraum präsent. Seit dieser Zeit rücken die Bedürfnisse, Möglichkeiten und Herausforderungen von Menschen mit Beeinträchtigung sowohl im Alltag, als auch in besonderen Situationen in den Mittelpunkt.
Julia Eibl hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, die Situation von Menschen mit Behinderung insbesondere im Instrumental- und Gesangsunterricht in den Blick zu nehmen. Hierbei führte sie eine qualitative Studie mit Lehrkräften österreichischer Musikschulen durch. Leitend war für sie die Frage, inwiefern es möglich ist, dass Menschen mit Behinderung auf ganz selbstverständliche Art Instrumental- und Gesangsunterricht wahrnehmen. Nach einer Darstellung des methodischen Vorgehens (22 Interviews mit Lehrkräften österreichischer Musikschulen, Auswertung mittels der qualitativen Inhaltsanalyse nach Philipp Mayring) stellt Julia Eibl im Großkapitel „Gesellschaftliche Sichtweisen“ das Verständnis von Behinderung, die Sichtweisen auf SchülerInnen mit Behinderung und die Konzepte von Inklusion der Befragten vor. Im Großkapitel „Institutioneller Kontext“ geht es um Perspektiven auf eine inklusive Musikschule und institutionelle Rahmenbedingungen, unter der Überschrift „Mikrokosmos Unterricht“ stehen didaktische und methodische Aspekte im Vordergrund.
Während bisherige Veröffentlichungen sich insbesondere auf Literatur oder praktische Projekte beziehen, untersucht Julia Eibl nun erstmals gezielt durch die Befragung der Lehrkräfte eine größere Anzahl an involvierten Personen. Hierdurch erhält die Autorin einige vermutlich erwartbare Ergebnisse (z.B. teilweise Unsicherheit der Lehrkräfte, teilweise auch Unlust beim Unterrichten von Menschen mit Behinderung), aber auch zahlreiche überraschende Ergebnisse, wie etwa die ausgesprochen unterschiedlichen Umgangsweisen der Lehrkräfte mit Vorspielen, Übertrittsprüfungen oder Ensemblespiel.
Auch wenn der Titel explizit die Perspektive der Lehrkräfte an österreichischen Musikschulen benennt, drängen sich darüber hinausgehende Fragen auf: Wie Eibl selbst am Ende ihrer Arbeit reflektierend thematisiert, bleibt insbesondere die in diesem Kontext bedeutsame Perspektive der Menschen mit Behinderung selbst unbearbeitet. Auch Fragen nach Menschen mit Behinderung als Instrumental- und Gesangslehrkräfte bleiben als Forschungsdesiderate weiterhin bestehen.
Mit diesem Band liegt ein bedeutender Beitrag zur Instrumental- und Gesangspädagogik mit und für Menschen mit Behinderung vor. Dem Band gelingt es, ein lebendiges Bild von den beteiligten Menschen zu zeichnen und Glücksmomente, Herausforderungen und Alltag im Unterricht von Menschen mit Behinderung nachvollziehbar werden zu lassen.
Raika Lätzer