Hasselhorn, Johannes

Messbarkeit musik­praktischer Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern

Entwicklung und Validierung eines Kompetenzmodells

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Waxmann, Münster 2015
erschienen in: üben & musizieren 2/2016 , Seite 48

Wenn Musik gemacht wird, geht es immer auch um die Frage der Qualität: Wie ist das, was die Musizierenden gemacht haben, einzuschätzen? Ganz besonders stellt sich diese Frage bei Musikwettbewerben oder Prüfungen. Dabei ist oft nicht klar, anhand welcher Kriterien die Jurys die jeweiligen Leistungen beurteilen. Das ist aus Sicht der empirischen Sozialforschung nicht akzeptabel: Die Bewertungsverfahren sind weder objektiv noch zuverlässig.
Ähnliches gilt für den Musikunterricht: Soweit es um das praktische Musizieren geht, sind die Lehrkräfte mit dem Problem konfrontiert, wie sie die Fähigkeiten der SchülerInnen bewerten sollen und wie sie diese Bewertungen in die Gesamt-Beurteilung einzubeziehen haben. Johannes Hasselhorn hat für einen kleinen Teil dieses Problems einen Lösungsansatz erprobt, nämlich für die Testung und Bewertung von Fähigkeiten in den drei theoretisch abgeleiteten Dimensionen des „Kompetenzmodells“: Singen, instrumentales Spiel und Realisierung von Rhythmen.
In einer aufwendigen Studie wur­den Bedingungen geschaffen, in denen die Messverfahren den Anforderungen nach Objektivität, Reliabilität und Validität genügten. Dazu war ein Operationalisierungsverfahren notwendig, das aus vielen Schritten besteht. All das, was nicht in diesem Sinne messbar ist, war auszuklammern: das, was musikalische Bildung generell ausmachen könnte, was im Musikunterricht sonst noch gelehrt und gelernt wird, andere Ebenen des Musikmachens (z. B. Ensemblespiel, Musizieren anleiten), alles was wir mit Begriffen wie Kreativität oder künstlerisch-ästhetische Qualität bezeichnen, auch alle „rezeptiven und reflexiven Komponenten“…
Weitere eventuell mögliche Einflussfaktoren waren aus dem Messverfahren herauszuhalten: z. B. der Lehrer, die Mitschüler, die Unterrichtssituation. In einem Umfeld, das früheren Sprach­laboren gleicht, wurden die SchülerInnen getestet: indivi­duelle Arbeitsplätze, Trennwände, Laptop, Tablet-Computer und Headset. Zugunsten der Reliabilität und Validität wurde auf herkömmliche Instrumente verzichtet; die Melodietöne und Rhythmen waren auf den Farbbuttons einer speziell entwickelten App anzutippen. So war es unter Einbeziehung von Bewertungsskalen (korrekt, fehlerhaft usw.) sowie mit Hilfe von Schulnoten möglich zu testen, wie die Leistungen – hier „Kompetenzen“ genannt – zu bewerten sind.
Etwa 20000 digitale Aufnahmen von mehreren hundert Schülerinnen und Schülern wurden dazu in einer Online-Umfrage von Musiklehrkräften und -studierenden beurteilt. Das Mess- und Bewertungsverfahren wurde abschließend als erfolgreich und wegweisend eingeschätzt. Die Studie ist Teil des Forschungsprojekts KOPRA-M, aus dem weitere Ergebnisse für die Frage der Messung und Bewertung von musikalischen Leistungen zu erwarten sind.
Franz Niermann