Baur, Eva Gesine

Mozart-ABC

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: C. H. Beck, München 2016
erschienen in: üben & musizieren 3/2016 , Seite 50

Jüngere Leserinnen und Leser dürften Schwierigkeiten mit dieser Art „Schreibschrift“ haben, bei der das „z“ einen langen Bogen nach unten erhält und das „r“ kaum vom „s“ zu unterscheiden ist. Aber nicht nur die Schrift auf dem Cover dieses Büchleins, das bequem in jede Jackentasche passt, ist seltsam altmodisch; auch der Titel und die ganze Erscheinung haben etwas stark „retro“-mäßiges: Das Mozart-ABC von Eva Gesine Baur könnte genauso gut in den 1950er Jahren erschienen sein und reiht sich ein in viele „ABC“-Lebenshilfen der damaligen Zeit, als das Universallexikon von allerhand leichter lesbaren Büchern zur schnellen Information über Spezialthemen flankiert wurde.
So scheint dieses Bändchen mit seinen kleinformatigen Seiten, zahlreichen Buchstaben-Illustrationen und goldenem Leseband reichlich aus der Zeit gefallen, und man fragt sich natürlich sofort: Braucht man so etwas heute wirklich?
Die Autorin ist Kunsthistorikerin und studierte auch Musikwissenschaft. Sie veröffentlichte sowohl Sachbücher über Mozart, Chopin und andere als auch (unter dem Pseudonym Lea Singer) Romane zu meist musikalischen Themen, etwa zur Dreiecksbeziehung von Arnold Schönberg und Mathilde sowie Richard Gerstl (Wahnsinns Liebe, 2003) oder den einarmigen Pianisten Paul Wittgenstein (Konzert für die linke Hand, 2008).
Baur kennt die Briefe der Familie Mozart und manches mehr, aber die Briefe sind die Hauptquelle für den Anekdotenschatz, den sie hier nach ca. vier Dutzend Stichworten ausbreitet. Von Arznei und Bier über den Haushund Pimperl und die Leberknödel, die sich der junge Mozart in Italien „ausbetten“ (erbeten) hatte, wie der Vater schrieb. Aber auch das Jenamy-Konzert, das lange völlig verballhornt und der Unkenntnis über die Identität der Uraufführungspianistin wegen „Jeunehomme-Konzert“ hieß, das Rubato, auch Constanze und der Sohn Franz Xaver kommen als Stichworte für kleine Abhandlungen vor – bei der Mozart-Gattin werden sogar Buchhinweise eingestreut (was sonst unterbleibt).
Der Mozart-Liebhaber wird bei der leichtfüßigen Lektüre viel schmunzeln und das meiste wiedererkennen. Für solche ist dies Büchlein auch geschrieben, denn man erfährt (außer beim Stichwort „Amadeus“) kaum Grundlegendes zur Biografie des Götterlieblings oder seines Werks, und schon gar nichts wirklich Neues: Ein richtiges „ABC“ etwa für lernbegierige SchülerInnen oder AnfängerInnen in klassischer Musik ist diese Publikation daher nicht. Das bekommt man ja auch leichter im Internet. Aber für Genießer ist es gerade recht, etwa als Reiselektüre oder als Andenken an den Besuch einer der zahlreichen Mozart-Stätten, die dieses schmale und kostengünstige Bändchen sicher bald in ihren Shops stehen haben werden. Der unterhaltende Aspekt jedenfalls steht hier absolut im Vordergrund.
Matthias Roth