Wickel, Hans Hermann / Theo Hartogh (Hg.)

Musikgeragogik in der Praxis

Musikinstitutionen und freie Szene

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Waxmann, Münster 2019
erschienen in: üben & musizieren 5/2020 , Seite 60

Seit einigen Jahren hat sich die Musikgeragogik zunehmend als eigene Disziplin etabliert. Sie ist im Schnittbereich von Musikpädagogik und Geragogik anzusiedeln; ihr Forschungs- und Praxisfeld sind musikalische Bildung und musikalisches Lernen im Alter. Auf Grundlage dieser Definition eröffnet sich ein weites Feld für vielfältige musikgeragogische Angebote, die sowohl von verschiedenen Institutionen (z. B. Musikschulen, Seniorenheimen, Kirchengemeinden) durchgeführt als auch unter Regie einzelner Personen oder von SeniorInnen selbst organisiert sein können.
Dieses Praxisfeld der Musikgeragogik vorzustellen, ist Anliegen der neuen Publikation. Herausgegeben wurde sie von Hans Hermann Wickel und Theo Hartogh, die beide seit vielen Jahren u. a. im Rahmen hochschulzertifizierter Weiterbildungen im Bereich Kultur- und Musikgeragogik aktiv sind. Als AutorInnen haben sie Personen aus der musikgeragogischen Praxis gewinnen können, die unter den Rub­riken „Singen und Chor“, „Musikschule und Instrumentalunterricht“, „Hochschulprojekte“, „Ensembles“ und „Konzertprojekte“ in 29 Texten verschiedene musikbezogene Angebote für ältere Menschen vorstellen.
Die Publikation gibt anhand einzelner Beispiele einen Überblick über aktuelle Angebotsformen; dabei wird zugleich deutlich, wie vielfältig musikgeragogische Formate sein können: Dazu zählen das Singen (z. B. im Chor) und das Instrumentalspiel (z. B. Saxofon, Ukulele, Streichinstrumente), das in Varianten vom Einzelunterricht, über Ensemb­les, eine Bläserklasse 60+ bis hin zu einer Rock-Band realisiert wird. Darüber hinaus werden Elementares Musizieren und Schnittpunkte zu anderen Künsten (z. B. im Musiktheater, im Tanzchor und bei der Verbindung von Musik und Malen) beschrieben. Außerdem werden Konzertformate erläutert, in denen SeniorInnen das Publikum bilden. Die beschriebenen Angebote wenden sich an unterschiedliche Zielgruppen und reichen vom Ensemble für aktive, mobile SeniorInnen über intergenerative Angebote, in denen Kinder und Ältere zusammentreffen, bis hin zu Formaten speziell für Menschen mit demenzieller Veränderung.
In der Durchführung der Angebote muss auf die Bedürfnisse der Klientel Rücksicht genommen werden (z. B. stimmliche Veränderungen, Hör- und Bewegungseinschränkungen). Dies wird auch anhand einiger beispielhafter Stundenabläufe verdeutlicht. Außerdem werden häufig organisatorische Aspekte erläutert wie Raumplanung, Öffentlichkeitsarbeit und Besonderheiten im Layout von Konzertprogrammen.
Fazit: Die Publikation enthält gut nachvollziehbare, vielfältige Einzelbeispiele aus der Praxis, die zugleich allgemeingültige Hinweise für musikgeragogische Projekte bieten. Somit können die Beiträge als Inspiration dienen, um zukünftig weitere Angebote für SeniorInnen zu initiieren.
Silvia Müller