Herbst, Sebastian

MusikschulTube: digitale Zusatzangebote

Der Kommentar

Rubrik: Kommentar
erschienen in: üben & musizieren 1/2021 , Seite 37

Dass Video-Plattformen mehr als ausschließlich unterhaltende Videos bereithalten, dürfte längst klar sein. Einen großen Bereich bilden beispielsweise Tutorials zu unterschiedlichen Themen. Dass Jugendliche Online-Tutorials auch zu schulbezogenen Lernzwecken verwenden, wurde erst kürzlich durch die „JIMplus Corona“-Befragung 2020 zum Medienumgang während der Schulschließung für den Kontext der allgemeinbildenden Schulen bestätigt: 45 Prozent der Jugendlichen gaben an, dass sie zum Lernen Tutorials nutzen, und 83 Prozent gaben an, YouTube als vorwiegendes mediales Lernangebot zu verwenden. Es ist anzunehmen, dass Online-Tutorials auch für das musizierbezogene Lernen eine große Bedeutung haben, wie es auch die Autorinnen und Autoren der Studie „Jugend und Musik“ der Bertelsmann Stiftung (2017) vermuten. Sie nehmen an, dass Plattformen wie YouTube mit ihren Online-Tutorials einen wichtigen Faktor für musikalisch aktive Jugendliche darstellen, die keinen Musizierunterricht erhalten bzw. ihr Instrument im Rahmen informeller Praxen erlernen.
Bei einer Videosuche auf Google (Stand: 4.1.2021) zu instrumentenbezogenen Online-Tutorials zeigt sich ein unglaublich großes und offenbar täglich wachsendes Angebot. Unter dem Stichwort „Piano Tutorial“ werden mir ungefähr 61,2 Millionen Ergebnisse angezeigt, für „Guitar Tutorial“ sind es ungefähr 49,2 Millionen Ergebnisse. Unter „Violin Tutorial“ sind es immerhin noch etwa 7,2 Millionen Ergebnisse. Ein Großteil der angezeigten Ergebnisse, die häufig „How to play“, einen bekannten Songtitel und/oder eine bekannte Interpretin bzw. einen bekannten Interpreten im Titel tragen, führen mich ebenfalls auf die Video-Plattform YouTube. Besucht man dort beispielsweise den YouTube-Channel zu Scott’s Bass Lessons und vergegenwärtigt man sich die hohe Zahl von 866000 Abonnierenden (Stand: 4.1.2021), wird die Annahme über die große Bedeutung von YouTube für musizierbezogenes Lernen in informellen Kontexten noch plausibler.
Das große Angebot lässt zwei Aspekte sehr deutlich werden: Zum einen erfordert es auf Seiten der NutzerInnen geeignete Strategien zur sinnvollen Auswahl von Tuto­rials. Zum anderen wird deutlich, dass offensichtlich eine große Nachfrage von einer Zielgruppe zu konstatieren ist, die eine nicht unbeachtliche Schnittmenge mit der (potenziellen) Zielgruppe von Musikschulen bilden müsste. Allerdings kann laut der Studie „Jugend/YouTube/Kulturelle Bildung“ (Rat für Kulturelle Bildung 2019) „knapp die Hälfte der Jugendlichen […] keinen Zusammenhang zwischen einer Bildungseinrichtung und einer Video-Plattform erkennen – das ist strukturell betrachtet nachvollziehbar und verweist auf die hohe Bedeutung der lebensweltlichen Rahmung von Bildungsinstitution (als Lernort) vs. Internetplattformen (als Entspannungsort)“ (Rat für kulturelle Bildung 2019, S. 45). Zudem sehen 71 Prozent den Vorteil von YouTube gegenüber kulturpädagogischen Einrichtungen in der freien Auswahl von Themen und Inhalten (ebd., S. 46).
Wirkt dieses Ergebnis zunächst vielleicht besorgniserregend, so versteckt sich in diesem Wissen doch auch ein großes Poten­zial für digitale Selbstlernaktivitäten in Bereichen kultureller Bildung. Musikschulen zeigen sich hier weiterhin noch zurückhaltend, auch wenn es im Hamburger Memorandum des Verbands deutscher Musikschulen (Mai 2018) heißt, Musikschulen sollen sich aufmachen „in eine vieldimensionale digitale Welt“ sowie „Wege, Mittel und Methoden“ entwickeln, die die pädagogische Arbeit „durch die digitalen Möglichkeiten verändern und erweitern“. Selbstverständlich werden manche Lehrende Tipps zu ergänzenden digitalen Angeboten bereithalten und diese in ihre Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern einbeziehen.
Aber was wäre, wenn Lehrkräfte Deputat und Infrastruktur zur Verfügung hätten, um sich z. B. mit anderen Lehrenden eines Fachbereichs zusammenzuschließen und regelmäßig Tutorials zu erstellen bzw. sukzessive einen Pool an aktuellen und qualitätvollen Tutorials aufzubauen, mit dem die Lehrenden und SchülerInnen der Musikschule arbeiten können? Und wären nicht auch wöchentlich ergänzende Online-Angebote zu vorher angekündigten Themen denkbar, die jeweils von einer anderen Lehrperson oder einem Team gehalten werden und allen Schülerinnen und Schülern offenstehen? Wäre es auf diese Weise bei überschaubaren Kosten möglich, zum einen den Kontakt nicht auf den wöchentlichen Unterricht zu beschränken und zum anderen weitere (Selbst-)Lern­angebote bei freier Auswahl von Themen und Lehrperson zu ermöglichen?Dass Video-Plattformen mehr als ausschließlich unterhaltende Videos bereithalten, dürfte längst klar sein. Einen großen Bereich bilden beispielsweise Tutorials zu unterschiedlichen Themen. Dass Jugendliche Online-Tutorials auch zu schulbezogenen Lernzwecken verwenden, wurde erst kürzlich durch die „JIMplus Corona“-Befragung 2020 zum Medienumgang während der Schulschließung für den Kontext der allgemeinbildenden Schulen bestätigt: 45 Prozent der Jugendlichen gaben an, dass sie zum Lernen Tutorials nutzen, und 83 Prozent gaben an, YouTube als vorwiegendes mediales Lernangebot zu verwenden. Es ist anzunehmen, dass Online-Tutorials auch für das musizierbezogene Lernen eine große Bedeutung haben, wie es auch die Autorinnen und Autoren der Studie „Jugend und Musik“ der Bertelsmann Stiftung (2017) vermuten. Sie nehmen an, dass Plattformen wie YouTube mit ihren Online-Tutorials einen wichtigen Faktor für musikalisch aktive Jugendliche darstellen, die keinen Musizierunterricht erhalten bzw. ihr Instrument im Rahmen informeller Praxen erlernen.
Bei einer Videosuche auf Google (Stand: 4.1.2021) zu instrumentenbezogenen Online-Tutorials zeigt sich ein unglaublich großes und offenbar täglich wachsendes Angebot. Unter dem Stichwort „Piano Tutorial“ werden mir ungefähr 61,2 Millionen Ergebnisse angezeigt, für „Guitar Tutorial“ sind es ungefähr 49,2 Millionen Ergebnisse. Unter „Violin Tutorial“ sind es immerhin noch etwa 7,2 Millionen Ergebnisse. Ein Großteil der angezeigten Ergebnisse, die häufig „How to play“, einen bekannten Songtitel und/oder eine bekannte Interpretin bzw. einen bekannten Interpreten im Titel tragen, führen mich ebenfalls auf die Video-Plattform YouTube. Besucht man dort beispielsweise den YouTube-Channel zu Scott’s Bass Lessons und vergegenwärtigt man sich die hohe Zahl von 866000 Abonnierenden (Stand: 4.1.2021), wird die Annahme über die große Bedeutung von YouTube für musizierbezogenes Lernen in informellen Kontexten noch plausibler.
Das große Angebot lässt zwei Aspekte sehr deutlich werden: Zum einen erfordert es auf Seiten der NutzerInnen geeignete Strategien zur sinnvollen Auswahl von Tuto­rials. Zum anderen wird deutlich, dass offensichtlich eine große Nachfrage von einer Zielgruppe zu konstatieren ist, die eine nicht unbeachtliche Schnittmenge mit der (potenziellen) Zielgruppe von Musikschulen bilden müsste. Allerdings kann laut der Studie „Jugend/YouTube/Kulturelle Bildung“ (Rat für Kulturelle Bildung 2019) „knapp die Hälfte der Jugendlichen […] keinen Zusammenhang zwischen einer Bildungseinrichtung und einer Video-Plattform erkennen – das ist strukturell betrachtet nachvollziehbar und verweist auf die hohe Bedeutung der lebensweltlichen Rahmung von Bildungsinstitution (als Lernort) vs. Internetplattformen (als Entspannungsort)“ (Rat für kulturelle Bildung 2019, S. 45). Zudem sehen 71 Prozent den Vorteil von YouTube gegenüber kulturpädagogischen Einrichtungen in der freien Auswahl von Themen und Inhalten (ebd., S. 46).
Wirkt dieses Ergebnis zunächst vielleicht besorgniserregend, so versteckt sich in diesem Wissen doch auch ein großes Poten­zial für digitale Selbstlernaktivitäten in Bereichen kultureller Bildung. Musikschulen zeigen sich hier weiterhin noch zurückhaltend, auch wenn es im Hamburger Memorandum des Verbands deutscher Musikschulen (Mai 2018) heißt, Musikschulen sollen sich aufmachen „in eine vieldimensionale digitale Welt“ sowie „Wege, Mittel und Methoden“ entwickeln, die die pädagogische Arbeit „durch die digitalen Möglichkeiten verändern und erweitern“. Selbstverständlich werden manche Lehrende Tipps zu ergänzenden digitalen Angeboten bereithalten und diese in ihre Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern einbeziehen.
Aber was wäre, wenn Lehrkräfte Deputat und Infrastruktur zur Verfügung hätten, um sich z. B. mit anderen Lehrenden eines Fachbereichs zusammenzuschließen und regelmäßig Tutorials zu erstellen bzw. sukzessive einen Pool an aktuellen und qualitätvollen Tutorials aufzubauen, mit dem die Lehrenden und SchülerInnen der Musikschule arbeiten können? Und wären nicht auch wöchentlich ergänzende Online-Angebote zu vorher angekündigten Themen denkbar, die jeweils von einer anderen Lehrperson oder einem Team gehalten werden und allen Schülerinnen und Schülern offenstehen? Wäre es auf diese Weise bei überschaubaren Kosten möglich, zum einen den Kontakt nicht auf den wöchentlichen Unterricht zu beschränken und zum anderen weitere (Selbst-)Lern­angebote bei freier Auswahl von Themen und Lehrperson zu ermöglichen?

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