Taylor, Eric

Musiktheorie in der Praxis

Stufe 4

Rubrik: Noten
Verlag/Label: ABRSM Publishing, London 2008
erschienen in: üben & musizieren 6/2009 , Seite 60

Die Konzertpianistin und Musikschriftstellerin Josephine Koh hat mit “Musiktheorie klipp und klar” drei aufeinander aufbauende Hefte mit übersichtlich gegliederten Kapiteln vorgelegt. Wer aufgrund des Titels eine vollständige Musiklehre erwartet, wird jedoch enttäuscht sein: Die ca. 60-seitigen Bände bestehen in erster Linie aus Übungsaufgaben, erläuternde Texte sind knapp gehalten. Jedes Heft umfasst zehn bis sechzehn Kapitel, die jeweils eine begrenzte Thematik behandeln.
Der Einstieg erfolgt in Band 1 über Notenwerte, Taktangaben, Notenschlüssel, Halb- und Ganztonschritte, einfache Vorzeichen bis hin zu Intervallen und Tonikadreiklängen. Band 2 widmet sich Taktarten, Dur-/Molltonleitern, Noten-/Pausengruppierung und viertaktigen Rhythmusschemata. In Band 3 werden die Kapitel der ersten beiden Bände noch weiter vertieft. Am Ende eines jeden Bandes befindet sich ein Mustertest zur Selbstkontrolle, der die gesamte Thematik umfasst.
Inhaltlich ist zu bemängeln, dass oft kurze, klare Definitionen zu Beginn der einzelnen Kapitel fehlen. Eine Durtonleiter hat nun einmal die Halbtonschritte von der dritten zur vierten und der siebten zur achten Stufe. Dies wird so nur nicht benannt. So lautet beispielsweise eine Aufgabe im Kapitel Tonleitern: „Bestimme … die Tonart“, ohne dass jedoch der Begriff Tonart erklärt wurde. Das Gleiche gilt z. B. auch für den Begriff Phrase.
Das Heft 4 von “Musiktheorie in der Praxis” von Eric Taylor schließt inhaltlich an Josephine Kohs Band 3 an. Die Kapitel sind hier von A bis N bezeichnet und umfassen 43 Übungsaufgaben. Dieser Band wie auch die Vorgängerbände orientieren sich am Lehrplan des Associated Board of Royal Schools of Music (ABRSM) in Großbritannien. Das ABRSM sieht dabei acht Prüfungen verschiedener Schwierigkeitsgrade (Stufen) in Theorie und Praxis vor, die auch in Deutschland abgelegt werden können. Die vorliegenden Bände entsprechen hierbei der jeweiligen Stufe.
Taylor verweist in den einzelnen Abschnitten immer auf das ABRSM-Handbuch zur Musiktheorie, das allerdings bisher nicht in deutscher Übersetzung vorliegt. Die Übertragung aus dem Englischen ist nicht immer gelungen („Kopiere die Noten aus der ersten Reihe“; „Male vor die Noten den passenden Notenschlüssel“). Was in den Bänden 1 bis 3 zu knapp formuliert ist, wird in Band 4 zum Teil langatmig und umständlich erklärt. So benötigt Taylor 70 Wörter, um zu erläutern, dass auch in einer Molltonart die Dominante immer ein Durakkord ist. In Band 1 werden Termini wie Bindebogen und Haltebogen verwechselt, viele andere Fachbegriffe werden gar nicht erst eingeführt (z. B. Rhythmus, Metrum, Leitton, Artikulation). In Band 4 tauchen Begriffe aus der Funktionstheorie auf, die dann ohne jegliches Hintergrundwissen angewendet werden müssen. Es fehlen außerdem ein Stichwortverzeichnis und ein Lösungsteil.
Aufgrund dieser inhaltlichen Defizite ist die Reihe zum Selbststudium eher weniger geeignet. Für InstrumentalschülerInnen, die begleitend zum Unterricht auch die theoretischen Grundlagen in den Bereichen Notenschrift, Rhythmik und Melodik kennen lernen sollen, liegt mit den vier Heften eine preiswerte, umfangreiche Aufgabensammlung vor. Die Arbeitshefte ersetzen aber keinesfalls eine Allgemeine Musiklehre. Auch für die studienvorbereitende Ausbildung an Musikschulen sowie für den D-Bereich der BDMV-Leistungsabzeichen sind die Bände als Ergänzung durchaus empfehlenswert.
Lutz Göhmann