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Busch, Barbara / Barbara Metzger

Musizieren verbindet Generationen

Anregungen zum intergenerativen Musizieren

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 2/2017 , Seite 50

Musizierangebote, in denen Men­schen mit einem Altersunterschied von ­mindestens 25 Jahren miteinander musizieren, sind keine Seltenheit. Doch angesichts aktueller gesellschaftlicher Veränderungen wird das Phänomen der Altersheterogenität im musikpädagogischen Alltag verstärkt wahrgenommen.

Markant sind in diesem Kontext folgende Entwicklungen, die die musikpädagogische Arbeit unmittelbar beeinflussen: Erstens altert die Gesellschaft aufgrund sinkender Geburtenzahlen und steigender Lebenserwartung; zunehmend wollen sich auch ältere Menschen musikalisch betätigen. Zweitens dürfte die Einführung der Ganztagsschule mit dazu beitragen, dass Lehrende bzw. Ensembles um den Nachwuchs bangen. Und drittens bedingt die Auflösung der traditionellen (Groß-)Familie, dass sich die Generationen zunehmend aus dem Blick verlieren und damit das gesellschaftliche Zusammenleben erschwert wird. Da jedes pädagogische Handeln in gesellschaftlicher Verantwortung steht, muss mit speziellen musikpädagogischen Angeboten auf diese gesellschaftliche Zersplitterung reagiert werden.
In Chören, Orchestern und Ensembles ist das gemeinsame Musizieren von Menschen unterschiedlicher Generationen ein altbekanntes Phänomen, im instrumentalen Gruppenunterricht ist es möglich und in Eltern-Kind-Musikgruppen ist es sogar in der Konzeption verankert. Große Altersunterschiede in der Zu­sammensetzung von Musiziergruppen sind also keine Besonderheit des frühen 21. Jahrhunderts. Und dennoch hat sich – zumindest nach unserer Erfahrung – aus musikpädagogischer Perspektive ein wesentlicher Aspekt in den vergangenen Jahren verändert: In der Arbeit mit altersgemischten Gruppen rückt zunehmend die Aufgabe ins Bewusstsein, mit den „Vertretern verschiedener Generationen“ so zu kommunizieren, dass sie im gemeinsamen musikalischen Tun von­einander, miteinander und übereinander lernen.1
Diese Zielsetzung führt zu einer veränderten Ausrichtung etablierter Praxisfelder, indem sich generationenübergreifende Angebote explizit am Leitbild des generationenverbindenden Musizierens orientieren; insofern ist sowohl Raum für das künstlerische Handeln als auch Raum für die Kommunikation zwischen den Generationen zu schaffen. Beide Aufgabenfelder ergänzen sich idealerweise. Eine solche Verknüpfung bildet die Basis für intergenerative Musizierangebote, die sich als generationenverbindend verstehen, und dürfte für viele Musiklehrende – und auch für die Institution Musikschule – eine neue Herausforderung darstellen.
Mit der Zielsetzung, dass Menschen verschiedener Generationen voneinander, mit­einander und übereinander lernen, haben wir im Umfeld der Hochschullehre erste unterrichtspraktische Erfahrungen gesammelt; im Folgenden bündeln wir sie in Form didaktischer Leitgedanken2 und stellen sie zur Diskussion.

1 vgl. Barbara Busch/Severin Krieger/Barbara Metzger: „Gedankensplitter ,Intergeneratives Musizieren‘“, http://vlk.ac.at/publications/IMPULS_VLK/Impulsvlk_3-2017_Gesamtdokument.pdf (Stand: 7.2.2017), S. 28.
2 Viele der im Folgenden genannten Leitgedanken gelten generell für musizierpraktische Angebote; vgl. Verena Beyrer/Barbara Busch/Mirjam Decker/Severin Krieger: „Was ist guter Instrumental- und Vokalunterricht? Die Heterogenität von Lernenden verlangt keinen speziellen, sondern guten Unterricht!“, http://vlk.ac.at/publications/IMPULS_VLK/Impulsvlk_3-2017_Gesamtdokument.pdf (Stand: 7.2.2017), S. 23-27.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 2/2017.