Bernhard Gauss, Brigitte

Neue Sichtweisen erschließen

Supervision für Instrumentallehrpersonen

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 4/2013 , Seite 46

Welche Bedeutung hat Supervision – in therapeutischen und sozialen Arbeitsgebieten längst eine Selbst­verständlichkeit – im pädagogischen Bereich? Kann sie Instrumental- und VokallehrerInnen in ihrer Arbeit unterstützen, ihre Professionalität und Berufsidentität klären und ­fördern? Diesen Fragen geht Brigitte Bernhard Gauss nach, indem sie Merkmale der Ausbildung und des Berufsfelds schildert und aufzeigt, was Super­vision ist und welche ­verschiedenen Formen es gibt.

Sechs Personen sitzen im Kreis in einem hellen und geräumigen Zimmer, das durch die Einrichtung mit Flügel, Klavier, Notenständern und Regalen voller Notenstapel seinen eigentlichen Zweck preisgibt. Violinlehrer Lukas wird von der Supervisorin aufgefordert, zu den eben von den anderen Mitgliedern der Gruppe gehörten Äußerungen Stellung zu nehmen, zu sagen, was ihn besonders ­angesprochen hat. „Sehr vieles“, meint er, „aber am meisten doch, dass ich fast nur noch auf die Notenleseschwäche des Schülers fixiert war. Ich habe jetzt den Eindruck, dass ich andere Lernfelder wie zum Beispiel Improvisation mehr und mehr aus dem Blickfeld verloren habe. Es ist, wie wenn ich plötzlich wieder die ganze Landschaft sehen kann.“
Wir sitzen uns zu zweit am Tisch gegenüber. Nach einer kurzen Weile des Schweigens, in welcher das eben Geschilderte nachklingt, schlage ich Manuela vor, die Erwartungen, welche die verschiedenen Bezugspersonen ihrer Schülerin an sie als Flötenlehrerin richten, auf dem Flipchart aufzuschreiben. Anschließend nimmt Manuela Abstand, um das stichwortartig Aufgeschriebene besser zu überblicken. „Ganz schön viel“, seufzt sie, „aber wenigstens überschaubar.“ Im weiteren Dialog über das gerade Visualisierte ermuntere ich sie, mit den bereitliegenden Farbstiften noch die Qualität der Emotionen, welche die Erwartungen in ihr auslösen, beizufügen. Wieder mit etwas Abstand: „Ich spü­re nun deutlich, welche Erwartung ich nicht erfüllen kann und will.“

Von Beruf: ­Instrumentallehrer

Was Sie eben wie durch einen Türspalt mitbekommen haben, sind zwei kurze Ausschnitte aus einer Gruppen- und einer Einzelsupervision mit Instrumentallehrkräften. Die meisten LehrerInnen haben das Musikstu­dium aus Begeisterung für das eigene Spielen, fürs Konzertieren und weniger mit Blick auf das Unterrichten gewählt. Das ist auch gut so und soll so bleiben. Die Berufsausübung von InstrumentalistInnen setzt sich aber meistens aus beiden Teilen zusammen und die Frage ist, inwiefern es ihnen gelingt, im jahrelangen Unterrichten ihr eigenes Feu sacré zu erhalten, mehr noch: es als Motivationsquelle für ihre SchülerInnen immer wieder wirksam werden zu lassen.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 4/2013.