Krauß, Christian

Nie mehr illegal kopieren

Die VG Musikedition bietet neue Lizenzverträge für Musikschulen

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 2/2009 , Seite 48

Seit Sommer 2008 haben Musik­schulen erstmalig die Möglichkeit, durch Abschluss eines einfachen Lizenzvertrags mit der Verwertungs­gesellschaft (VG) Musikedition in Kassel, Fotokopien von Noten in bestimmtem Umfang herzustellen und zu verwenden. Christian Krauß, Geschäftsführer der VG Musik­edition, erläutert Hintergründe, gibt einen Überblick über die rechtliche Situation und skizziert die inhaltlichen Eckpunkte eines Lizenzvertrags mit der VG Musikedition.

Seit der großen Urheberrechtsnovelle im Jahr 1985 existiert im deutschen Urheberrechtsgesetz (UrhG) de facto ein absolutes, gesetzlich verankertes Kopierverbot für Noten. Es gibt auch keine Ausnahme – wie häufig von MusikerInnen und PädagogInnen vermutet wird – hinsichtlich des Kopierens für den privaten Gebrauch: Auch hier gilt, anders als beispielsweise für Tonträger, ein generelles Kopierverbot für urheberrechtlich geschützte Werke. Das sind all diejenigen Werke und Ausgaben, deren Urheber (Komponist, Bearbeiter, Arrangeur, Texter, Fingersatzschreiber usw.) noch leben oder noch keine 70 Jahre tot sind. Ebenfalls urheberrechtlich geschützt sind darüber hinaus auch so genannte Wissenschaftliche Ausgaben (zum Beispiel Urtext-Ausgaben) oder Erstausgaben sowie Notenausgaben mit pädagogisch ergänzenden Texten oder illustrativen Abbildungen. Mindestens eine dieser genannten Voraussetzungen erfüllen die meisten der in der Praxis verwendeten Notenausgaben.
Die VG Musikedition hat in den vergangenen Jahrzehnten zwar mit vielen Institutionen und Einrichtungen Pauschalverträge über Ausnahmeregelungen des Kopierverbots geschlossen, so zum Beispiel mit beiden großen Kirchen (für den Gemeindegesang) und der Kultusministerkonferenz (für den Unterricht an den allgemein bildenden Schulen). Auf keine der bestehenden vertraglichen Regelungen aber können sich bisher Musikschulen, öffentliche wie private, berufen. Für Musikschulen und Lehrkräfte, die dort beschäftigt sind, gilt demnach zunächst einmal weiterhin ein absolutes Kopierverbot für Noten.

Praxis in der Musikschule
So sinnvoll dieses Kopierverbot aus Sicht der Rechteinhaber (Urheber und Musikverlage) auch zweifellos ist – immerhin ist die Herstellung einer hochwertigen Notenausgabe für die Verlage mit nicht geringen Kosten verbunden –, birgt es doch für Musikschulen bzw. den einzelnen Musikschullehrer im Alltag und in der täglichen Unterrichtspraxis immer wieder Probleme. Welcher Lehrer stand nicht schon einmal vor dem Problem, dass – aus welchen Gründen auch immer – nur ein oder zwei Werke aus einer bestimmten Instrumentalschule benötigt werden? Oder die Geigenschülerin nur den langsamen Satz aus einer Sonate für Violine und Klavier einstudieren soll? Und wer kennt nicht die Situation, dass bei internen Vorspielen ein geeigneter Umblätterer fehlt und daher eine „Wendekopie“ erforderlich ist? Solche oder vergleichbare Fragen kennen wohl alle, die an einer Musikschule unterrichten. In all diesen und vielen ähnlichen Situationen wäre es auch früher hilfreich gewesen, wenn es legale Ausnahmeregelungen zum gesetzlich verankerten Kopierverbot gegeben hätte.

Neuregelung seit 2008
Dies alles ist nun Vergangenheit! Die Musikverlage verkennen nicht, dass ein großer Wunsch und ein nachvollziehbares Bedürfnis bei den Musikschulen bestehen, in bestimmtem, beschränktem Umfang Fotokopien von Noten anzufertigen. Aus diesem Grund haben sie im Sommer vergangenen Jahres die zuständige Verwertungsgesellschaft, die VG Musikedition, beauftragt, mit Musikschulen, die Fotokopien von Noten anfertigen wollen, entsprechende Verträge hierüber abzuschließen. Das heißt vereinfacht gesagt: Jede Musikschule, die einen Lizenzvertrag mit der VG Musikedition hat, kann ab sofort in nachfolgend beschriebenem Umfang Kopien herstellen:
– Kopien von so genannten „kleineren“ Werken mit einer Spieldauer von maximal fünf Minuten;
– Kopien von Teilen/Ausschnitten von Werken oder Ausgaben (maximal 20 Prozent des gesamten Werks bzw. der gesamten Ausgabe);
– Kopien zum besseren Umblättern (Wendestellen);
– Kopien für Juroren bei musikschulinternen Wettbewerben;
– Kopien können von einem Lehrer oder einem Mitarbeiter der Musikschule angefertigt werden.
Damit hat nun jede Musikschule die Möglichkeit, ganz legal Kopien von Noten zu erstellen. Ähnliche Regelungen existieren übrigens in zahlreichen anderen europäischen Ländern, so zum Beispiel auch bei unseren Nachbarn in Belgien und Frankreich, wo inzwischen fast jede Musikschule über einen entsprechenden Vertrag mit der dort zuständigen Verwertungsgesellschaft verfügt.

Pauschalgebühren und günstigere Konditionen
Die zu zahlende Jahresgebühr für eine Musikschule berechnet sich dabei aus der Anzahl ihrer SchülerInnen; für jeden Schüler und jede Schülerin zahlt die Schule pauschal 15 Euro an die VG Musikedition. Diese wiederum sorgt für eine gerechte Verteilung der Gebühren an die Urheber und Verlage und macht dabei keine eigenen Gewinne. Als Verwertungsgesellschaft steht die VG Musikedition übrigens unter der ständigen Kontrolle und Aufsicht des Deutschen Patent- und Markenamts, des Bundeskartellamts und des Bundesjustizministeriums.
Für Musikschulverbände besteht darüber hinaus die Möglichkeit, mit der VG Musikedition so genannte Gesamtverträge abzuschließen, die für die Mitgliedsschulen dieser Verbände vor allem den Vorteil haben, dass sie in den privilegierten Genuss deutlich günstigerer Tarife kommen, aber auch von einem niedrigeren Verwaltungsaufwand profitieren. So hat die VG Musikedition mit dem Bundesverband deutscher Privatmusikschulen (bdpm), der rund 300 private Musikschulen in Deutschland vertritt, bereits eine solche Rahmenvereinbarung geschlossen, die am 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist. Diese sieht vor, dass die Mitglieder des bdpm auf die normal gültigen Tarife einen Nachlass in Höhe von 20 Prozent erhalten. Damit beträgt die Vergütung, die von einer Musikschule zu zahlen ist, nur noch einen Euro pro Schüler und Monat, also zwölf Euro (zuzüglich sieben Prozent Mehrwertsteuer) pro Schüler im Jahr. Sieht man, in welchem Umfang dann Kopien angefertigt werden dürfen, handelt es sich dabei sicherlich um eine der Sache angemessene Gegenleistung.
Um es an einem praktischen Beispiel zu erläutern: Eine Schülerin benötigt beispielsweise aus einer Flötenschule, die beim „Notenpunkt-Verlag“ erschienen ist, für den Unterricht nur zwei der dort enthaltenen, insgesamt 26 Werke. Die Notenausgabe kostet 14,80 Euro. Besitzt eine Musikschule nun einen Vertrag mit der VG Musikedition, darf der Lehrer für seine Schülerin die beiden Stücke kopieren; die Schülerin muss die Ausgabe nicht käuflich erwerben. Schon bei einem einzigen derartigen Fall in einem Jahr steht unter dem Strich demnach eine finanzielle Entlastung.
Fazit: Durch die im vergangenen Jahr geschaffene Neuregelung gibt es für Musikschulen in Bezug auf das Kopieren von Noten nur zwei Alternativen. Entweder eine Musikschule (bzw. der dort beschäftigte Musiklehrer) verwendet ausschließlich Originale, dann ist nichts Weiteres zu tun. Sollen aber zu bestimmten Zwecken Fotokopien hergestellt werden, muss zwingend mit der VG Musikedition ein Lizenzvertrag abgeschlossen werden, der einen Beitrag zum Erhalt unserer kulturellen Vielfalt und eines lebendigen Musiklebens leistet.

Musikschulen, die legal Kopien von Noten anfertigen wollen, wenden sich zwecks Vertragsabschluss direkt an:
VG Musikedition, Königstor 1A, 34117 Kassel, Tel. 0561/109656-0, e-mail: FMu@vg-musikedition.de
Auf der Website der VG Musikedition besteht die Möglichkeit, sich Vertrags­formulare direkt herunterzuladen: www.vg-musikedition.de

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